Artikel aus 2015
Tipps zum optimalen Sprachlernen
»Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt« (Wittgenstein)
Zunächst werden ein paar wichtige Theorien zum Erwerb von Fremdsprachen dargestellt. Danach reflektiere ich meine eigenen Sprachlernerfahrungen und hebe vor allem das Konzept des Auswendiglernens hervor. Des Weiteren wird beschrieben, wodurch der Spracherwerb gefördert wird und was den Spracherwerbsprozess bremst. Schließlich folgen einige Tipps für den Fremdsprachenunterricht.
er Satz „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“ von Ludwig Wittgenstein (Wittgenstein 1921, 180) könnte dazu anregen, sich Gedanken darüber zu machen, auf welche Weise wir uns Sprachen angeeignet und perfektioniert haben. Dabei werde ich auch meine eigene Sprachlerngeschichte reflektieren.
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ÄUßERUNG INDIVIDUELLER MEHRSPRACHIGKEIT
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Im Bezug auf individuelle Mehrsprachigkeit beschreibt Claudia Maria Riehl fünf Situationen, in denen sich individuelle Mehrsprachigkeit äußern kann: Im ersten Fall gibt es zwei Gebrauchssprachen, die täglich mit oder ohne Prestigehierarchie in einer Vielfalt von Situationen gesprochen werden. Im zweiten Fall wird eine Gebrauchssprache in der Jugend, eine andere im Erwachsenenalter gesprochen. Im dritten Fall wird zwischen einer Wochenendsprache, welche innerhalb der Familie gesprochen wird, und einer Wochentagssprache, welche am Arbeitsplatz und in anderen Bereichen des öffentlichen Raumes verwendet wird, unterschieden. Im vierten Fall gibt es eine gesprochene Sprache und eine geschriebene Sprache. Der fünfte Fall besteht darin, dass eine einzige Gebrauchssprache verwendet wird, wobei sehr gute Kenntnisse einer Fremdsprache bestehen, welche von Zeit zu Zeit im Kontakt mit Fremden (Arbeit, Ferien, Zufallskontakte) gebraucht werden.
Zu den fünf Situationen individueller Mehrsprachigkeit lesen wir bei Riehl: „Ausgehend von diesen Situationstypen muss man sich die Frage stellen: Wie erwirbt ein Individuum Mehrsprachigkeit? Und ab wann ist nun ein einzelner Sprecher mehrsprachig? Diese Frage wird seit Beginn der Bilingualismus-Forschung viel und sehr kontrovers diskutiert“ (Riehl 2014, 75).
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ERWERB VON MEHRSPRACHIGKEIT – ACQUISITION UND LEARNING
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Zum Erwerb von Mehrsprachigkeit schreibt Riehl: „Zunächst ist einmal zwischen den verschiedenen Arten von Zweit- (oder Dritt-) Spracherwerb zu differenzieren. Man unterscheidet: ungesteuerten Zweitspracherwerb (acquisition) und gesteuerten Zweitspracherwerb bzw. Zweitspracherwerb durch Unterricht (learning)“ (Riehl 2014, 76). Im Falle des ungesteuerten Zweitspracherwerbs sieht Riehl folgende zwei Möglichkeiten: Entweder man erlernt die Zweitsprache im Kleinkindesalter zusammen mit der Erstsprache (bilingualer Erstspracherwerb) oder man erwirbt die Sprache in einem späteren Stadium, als Jugendlicher oder Erwachsener. Für den zweiten Fall sieht Riehl die Problematik, dass es beim Spracherwerb in einem späteren Stadium (etwa ab zehn Jahren) nicht mehr möglich ist, die Sprache akzentfrei zu beherrschen. Aus diesem Grund bezeichnet man laut Riehl den Zeitraum ab zehn Jahren als kritische Periode für Zweitsprachenerwerb: „Man spricht daher von einer kritischen (neuerdings sensitiven) Periode für Zweitsprachenerwerb“ (Riehl 2014, 79).
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DER BILINGUALE ERSTSPRACHENERWERB
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Hinsichtlich des bilingualen Erstsprachenerwerbs, also wenn zwei Sprachen von klein auf gleichzeitig gelernt werden, unterscheidet Riehl folgende drei Situationen: Es existiert eine Familiensprache und eine Umweltsprache; die Familie ist gemischtsprachig und die Umwelt redet die Sprache des Vaters oder die der Mutter; die Familie ist gemischtsprachig und die Umwelt spricht eine dritte Sprache, verschieden von jener des Vaters und jener der Mutter. Riehl gibt zu bedenken, dass die von ihr getroffene Einteilung statt drei auch sechs Kategorien umfassen könnte. Es ließe sich noch unterscheiden, ob die Eltern in den jeweiligen Konstellationen ihre Muttersprache sprechen oder nicht und ob die Sprachen gemischt verwendet werden oder ob das „Eine Person-eine Sprache-Prinzip“ eingehalten wird. Über dieses schreibt Riehl einerseits: „Dieses Prinzip, das auf Ronjat (1913) zurückgeht, besagt, dass jeder Elternteil mit den Kindern seine eigene Erstsprache sprechen soll. Dies ist wichtig für den Spracherwerb der Kinder, weil der Sprachgebrauch an bestimmte Personen gebunden ist“.
Im nächsten Absatz gibt die Autorin andererseits zu bedenken: „Aber das Prinzip birgt auch Nachteile, etwa wenn einer der Partner einsprachig ist und damit von einem Teil des Familiengesprächs ausgeschlossen bleibt“ (Riehl 2014,81).
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DIE THEORIE DER INTERLANGUAGE
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Im Zusammenhang mit Zweitsprachenerwerb erwähnt Riehl die Theorie der Interlanguage: „Eine Interlanguage (Lernvarietät) ist aufzufassen als eigenes System auf dem Weg zu einer Zielsprache“ (Riehl 2014, 87). Die Theorie besagt, dass jede Lernervarietät sowohl instabile Komponenten als auch eine innere Systematik besitzt. Damit können Funktionen von Wörtern und Strukturen nicht alleine aus der Zielsprache abgeleitet werden. Ein weiterer Inhalt der Theorie ist, dass Spracherwerb als Reihe von Übergängen von einer Lernervarietät zur nächsten aufgefasst werden kann, wobei sich an den Übergängen eine gewisse Systematik zeigt. Desweiteren postuliert die Theorie, dass die Lernergrammatik durchlässig ist. Von außen wird die Lernergrammatik durch neue Inputs beeinflusst und von innen durch Transfer aus einer anderen bereits erlernten Sprache. Zuletzt ist die Lernergrammatik vorübergehend, da sie sich von einem Tag auf den anderen, wenn neue Regeln dazukommen, ändern kann. Abschließend schreibt Riehl zur Theorie der Interlanguage: „Nach Selinker ist das System der Interlanguage das Ergebnis eines psycholingusitischen Prozesses des Zusammenspiels zwischen zwei Sprachsystemen – das der Muttersprache und das der Zielsprache“ (Riehl 2014, 87).
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SPRACHEROSION UND ATTRITION
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Für den Verlust von Mehrsprachigkeit, welchen Riehl als Spracherosion oder Attrition bezeichnet, gibt es drei Arten: Die umweltbedingte Attrition tritt aufgrund des eingeschränkten Gebrauchs einer Sprache auf, die altersbedingte Attrition hängt mit Alterungsprozessen zusammen und die pathologische Attrition ist eine Folge von Krankheit oder Trauma. Im Zusammenhang mit Spracherosion ist auf den von Green geprägten Begriff der dormant language, also einer schlafenden Sprache, die wiederaktiviert werden kann, hinzuweisen. Über den Zusammenhang zwischen Attrition und Mehrsprachigkeit schreibt Riehl: „Bei mehrsprachigen Individuen, die lange in anderssprachiger Umgebung gelebt haben oder in mehrsprachigen Gesellschaften, die zum Sprachwechsel übergehen oder in denen die Sprecher abwandern, kann es dazu kommen, dass ihre Muttersprache immer schwächer wird…Somit kann man Spracherosion hauptsächlich nur feststellen, wenn die Sprecher gezwungen sind, im monolingualen Sprachmodus zu sprechen… Selbstverständlich hängen Attrition und Sprachwechsel zusammen: Sprachen gehen verloren durch eine Kombination von Attrition innerhalb einer Generation und einem Wechsel zwischen den Generationen“ (Riehl 2014, 90).
Zusammenfassend schreibt Riehl, dass individuelle Mehrsprachigkeit gesteuert durch die Umwelt oder gesteuert im Unterricht erworben werden kann, wobei oft beide Arten miteinander kombiniert sind. Als entscheidende Faktoren für das Erreichen einer mehrsprachigen Kompetenz nennt Riehl das Alter, in dem eine Sprache erlernt wird, die Bildungsvoraussetzungen und das Sprachbewusstsein „Ein entscheidender Aspekt für das Erreichen einer mehrsprachigen Kompetenz sind u. a. das Alter, in dem man eine Sprache erlernt (bilingualer Erstsprachenerwerb oder später), die Bildungsvoraussetzungen und das Sprachbewusstsein“ (Riehl 2014, 93).
Hinsichtlich der Techniken zum Erlernen von Fremdsprachen wird das Konzept des Auswendiglernens dargestellt. Am Anfang des Sprachlernprozesses wird ein Grundvokabular erlernt. Anhand dieses Grundvokabulars werden erste einfache Phrasen in der Fremdsprache auswendig gelernt. Nachdem man sich ein Repertoire an Phrasen angeeignet hat, beginnt man mit dem auswendig lernen von Textbausteinen. Wenn die Textbausteine einzeln gekonnt werden, wird dazu übergegangen, den gesamten Fließtext auswendig zu lernen.
Die ersten auswendig gelernten Texte in der Fremdsprache beziehen sich auf Alltagsthemen wie beispielsweise das Rauchen in der Öffentlichkeit oder die Jugendkultur im Land der Zielsprache. Mit steigender Ausdrucksfähigkeit in der Fremdsprache steigt das Niveau der auswendig zu lernenden Texte. So können am Ende des Spracherwerbsprozesses zum Beispiel Texte zu philosophischen Grundeinstellungen oder historischen Ereignissen gelernt werden.
Parallel zum Auswendiglernen ist es vor allem zu Beginn des Spracherwerbsprozesses ratsam, sich regelmäßig mit Grammatikübungen und Hörtexten zu beschäftigen. Durch das Nachsprechen von Hörübungen kann eine richtige Aussprache in der Fremdsprache antrainiert werden und das Beherrschen der Grammatik ist Voraussetzung dafür, dass Texte gut verstanden und in Folge leicht auswendig gelernt werden können.
Neben einer effizienten Technik spielen Emotionen eine entscheidende Rolle im Spracherwerbsprozess. Eine Voraussetzung für den effizienten Spracherwerb ist, dass der Lerner eine positive Vorstellung vom Land der Zielsprache hat und dass er während des Spracherwerbsprozesses eine gewisse Zeit im Land der Zielsprache verbringt. Durch das Verweilen im Land der Zielsprache kommt der Sprachenlernende leicht mit Sprechern der Zielsprache in Kontakt und wird durch diese soziale Komponente dazu motiviert, den Erwerb der Zielsprache fortzusetzen oder sogar zu beschleunigen.
Beim Verweilen im Land der Zielsprache sollte man als Sprachlernender versuchen, die Freude am Erwerb der Fremdsprache nicht durch eventuelle negative Erlebnisse im Land der Zielsprache zu verlieren. Vielmehr geht es darum, negative Ereignisse zu überwinden, indem man den Menschen und der Kultur im Land der Zielsprache eine grundsätzlich positive Einstellung entgegenbringt.
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ÜBER DAS ERLERNEN VON FREMDSPRACHEN IM KINDESALTER
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Im Zusammenhang mit dem Erlernen von Fremdsprachen ist es immer wieder faszinierend zu bemerken, wie schnell sich Kleinkinder Fremdsprachen aneignen und wie frei sie sich in der Fremdsprache bereits nach kurzer Zeit unterhalten können.
So schreibt etwa Frank Schweizer(2010): „Kleine Kinder, die eine Sprache als Erstsprache lernen, lernen nicht die Grammatik, sie hören den Eltern zu und imitieren sie; dabei kristallisiert eine Sprachstruktur aus, die zwar jenseits des Bewusstseins liegt, aber doch eingehalten wird. Aus dem Sprachmaterial kommt eine gewisse Sprachstruktur“(Schweizer 2010).
Ich habe diese Erfahrung 1994, als ich sechs Jahre alt war, gemacht: Damals zogen meine Eltern nach Schweden, da mein Vater eine Stelle am Institut für Landschaftsplanung in Alnarp, einem Vorort von Malmö, annahm. Im Herbst 1994 kam ich in die Grundschule von Lomma, dem Nachbarort von Alnarp, wo ich zunächst kein Wort verstand und mich gleichzeitig wunderte, warum mich die anderen Kinder nicht verstehen, wenn ich mit ihnen ganz langsam auf Deutsch rede. Beinahe täglich fragte ich Kinder am Schulhof, ob sie mit mir spielen möchten und jedes Mal erhielt ich dieselbe verdutzte Antwort: „Va sa du?“, was auf Deutsch „Was sagtest du?“ bedeutet. Nach kurzer Zeit hatte ich diesen Satz verinnerlicht und konnte ihn bald auch richtig anwenden. Wenn nun die schwedischen Kinder zu mir kamen und mir eine Frage stellten oder mich um etwas baten, so sagte ich einfach „Va sa du?“ zu ihnen und wartete gespannt auf ihre Reaktion. In den meisten Fällen sagten sie noch ein paar Sätze oder versuchten mir etwas zu erklären und als sie merkten, dass ich den Sinn des Gesagten noch nicht begriff, verabschiedeten sie sich mit dem schwedischen Gruß „Hej do!“ und gingen ihrer Wege. So lernte ich den zweiten schwedischen Ausdruck und mit der Zeit eignete ich mir die Sprache mehr und mehr an, so dass ich nach etwa vier Monaten problemlos dem Unterricht in der Schule folgen konnte.
Nach ungefähr einem Jahr konnte ich mich gleich gut auf Schwedisch wie auf Deutsch unterhalten, wobei ich jede der beiden Sprachen in genau festgelegten Situationen verwendete: Die deutsche Sprache verwendete ich ausschließlich zu Hause im Gespräch mit meinen Eltern und das Schwedische war für den Schulalltag und den Kontakt zu gleichaltrigen Spielkameraden reserviert. Mit dem Erlernen des Schwedischen bemerkte ich in frühester Kindheit, was es bedeutet, die persönlichen Grenzen durch das Erlernen einer Fremdsprache zu erweitern: Zuerst war ich von den Gleichaltrigen durch mein Unvermögen, mich auf Schwedisch auszudrücken, relativ isoliert und sobald ich das Schwedische erlernt hatte, ergaben sich relativ schnell freundschaftliche Kontakte zu Schulkameraden.
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EIN SPRACHWECHSEL IN DER SCHULLAUFBAHN
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Hinsichtlich der Übernahme von Dialekten im Kindesalter spricht Birkenbihl vom Prinzip der Nachahmung: „Beim Nachahmen sind Kinder absolute Meister! In extrem kurzer Zeit ahmen sie nicht nur die Worte selbst (den Inhalt sozusagen) nach, sondern auch den Tonfall, die Sprachmelodie, den Sprechrythmus ihrer Vorbilder. Spricht die Umgebung Dialekt oder Hochsprache? Spricht man grammatikalisch korrekt? Diese Aspekte werden alle vollautomatisch mitgelernt!“ (Birkenbihl 1992, 8).
Auch bei meinen eigenen Lernerfahrungen spiele diese Nachahmung eine wichtige Rolle: Nachdem ich nämlich die dreijährige schwedische Grundschule beendet hatte, zogen meine Eltern und ich nach Österreich zurück. Mir stand ein Schulwechsel bevor. Im November 1997 trat ich in die dritte Klasse der Volksschule Lavantgasse 35 in Wien-Floridsdorf ein. Anfangs hatte ich im Unterricht auf Deutsch einige Verständnisprobleme, da ich die deutschen Bezeichnungen für zahlreiche Schulutensilien (Geo-Dreieck, Zirkel, Linienspiegel, Füllfeder) nicht kannte. Eine weitere Schwierigkeit war, dass mich die Klassenkameraden oft nicht verstanden, da ich im tiefen Kärntner Dialekt sprach: Durch die ausschließlichen Gespräche mit meinen aus Kärnten stammenden Eltern gewöhnte ich mich an dieses Idiom. Mit der Zeit färbte immer mehr der Wiener-Dialekt der Mitschüler auf mich ab, so dass man meine Sprache letztendlich als Mischung aus Kärtnerisch und Wienerisch bezeichnen konnte. Insgesamt dauerte es ein ganzes Jahr, bis ich mich vollkommen an den Sprachwechsel von Schwedisch zu Deutsch gewöhnt hatte.
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DAS ERLERNEN VON FREMDSPRACHEN AN DER SCHULE
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Mit dem Eintritt in das Gymnasium wurde ich mit dem Englischen als zweite Fremdsprache konfrontiert. Einige englische Wörter waren mir bereits bekannt, da meinen Vater häufig ausländische Bekannte besuchten, mit denen er auf Englisch kommunizierte. Dieser erste Kontakt zum Englischen erleichterte es mir, dem Unterricht in der Schule zu folgen: Durch die Kenntnis einiger Wörter konnte ich relativ bald einfache Sätze sprechen, was mich wiederum motivierte, meine Englischkenntnisse zu erweitern. Parallel zum Englischunterricht sah ich mir regelmäßig Serien, etwa „Mr. Bean“ an. Für den direkten Spracherwerb spielen diese Serien, in denen wenig bis gar nicht gesprochen wird, eine geringe Rolle, doch auf Grund der Tatsache, dass in den Serien fast ausschließlich heitere und humorvolle Alltagssituationen gezeigt werden, erhält man einen positiven Eindruck vom Land der Zielsprache. Damals war England für mich ein Land der malerischen Kleinstädte, in denen sich schrullige, aber dennoch sympathische Personen nach der Art des Mr. Bean tummeln. Durch die kontinuierlich besser werdende Beherrschung der englischen Sprache bekam ich den Eindruck, dass die Kultur des heiteren Großbritannien immer näher an mich heranrückte, so dass ich auch den Wunsch verspürte, bald einmal nach Großbritannien zu reisen. Es eröffnete sich mir also neben Schweden ein zweiter Kulturkreis, der mir bis zu diesem Zeitpunkt noch fremd gewesen war.
Zu Beginn der dritten Klasse kam Französisch als weitere Fremdsprache hinzu. Dies war deshalb so spannend, da ich bis zu diesem Zeitpunkt nur germanische Sprachen beherrschte und nun ein völlig anderes Denksystem kennen lernte. Neben dem Interesse für Frankreich, welches sich durch den Sprachunterricht entwickelte, half mir das Französische dabei, die eigene Kultur besser zu verstehen. Erst durch das Erlernen des Französischen wurde mir bewusst, wie viele Lehnwörter das Deutsche, insbesondere das Wienerische, besitzt (etwa: lavour, trottoir, retour).
Mit dem Eintritt in die Oberstufe wurde neben Englisch und Französisch auch Latein Unterrichtsgegenstand. Durch das Erlernen der lateinischen Grammatik und das Übersetzen komplizierter Schachtelsätze von Latein auf Deutsch bekam ich ein Gespür dafür, wie vergleichsweise komplizierte grammatikalische Strukturen verinnerlicht werden können. Durch das Verstehen der lateinischen Texte konnte ich in den historischen Kulturraum der Antike eintreten, was mich in späteren Jahren dazu bewegt hat, die römischen Ausgrabungen in Pompeji zu besuchen. Außerdem war die Kenntnis des Lateins dahingehend von Nutzen, als dass ich alte Inschriften in Kirchen ins Deutsche übersetzen konnte. Des Weiteren haben im Deutschen zahlreiche Lehn- und Fremdwörter lateinischen Ursprung (beispielsweise: Interesse, Denunziation, Relevanz). Durch die Kenntnis des Lateins wird die ursprüngliche Bedeutung dieser Fremdwörter verstanden.
In den Sommerferien nach der sechsten Klasse ergab sich für mich die Möglichkeit, in einen weiteren Kulturkreis einzutauchen. Mein Vater war beruflich für ein Jahr in eine japanische Kleinstadt nahe Osaka gegangen, wo ich ihn für einen Monat besuchte. Leider ist ein Monat für das Erlernen der japanischen Sprache zu kurz, doch ich eignete mir in diesem Zeitraum immerhin das Zählen bis Hundert auf Japanisch an. Somit konnte ich wiederum mit einem mir bis dahin völlig fremden Zählsystem in Kontakt treten und hatte darüber hinaus den Vorteil, dass ich auf Japanisch alleine einkaufen gehen konnte.
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ÜBER DIE METHODE DES AUSWENDIGLERNENS VON SPRACHE
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Am Anfang der siebten Klasse hatte ich überaschenderweise einige Misserfolge in Französisch zu verkraften und machte mir daraufhin darüber Gedanken, wie Sprache besser und effektiver gelernt werden kann. Dabei wurde ich von meinem Vater darauf aufmerksam gemacht, dass das Auswendiglernen von guten französischen Texten den Spracherwerb extrem beschleunigen und verbessern kann. Daraufhin begann ich zunächst Sätze, danach Textbausteine und zum Schluss ganze Texte auswendig zu lernen. Diese Methode war zu Beginn etwas mühsam, doch im Laufe der Zeit wurde mein Französisch sehr flüssig und mir gelang es immer öfters, gute Satzbausteine oder sogar ganze auswendig gelernte Textpassagen in Texte verschiedener Art einzubauen. Diese Methode setzte ich später auch bei anderen Fremdsprachen wie beispielsweise Russisch ein. Ich hatte also ein Mittel gefunden, welches mir ermöglichte, eine Fremdsprache in absehbarer Zeit schnell und effektiv bis zu einem relativ hohen Niveau zu erlernen.
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PROBLEME BEIM ERLERNEN DES RUSSISCHEN
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Während meines letzten Schuljahres machte mein Vater gemeinsame Projekte mit Geographen an der Moskauer Universität, welche uns öfters in Wien besuchten. Diese russischen Bekannten brachten mir am Esstisch die ersten russischen Wörter und Phrasen bei, was mein schon vorher vorhanden gewesenes Interesse für die russische Sprache und Kultur anregte. Daraufhin beschloss ich, nach der Matura nach Moskau zu reisen und dort einen Anfängerkurs für Russisch zu belegen. Dieses Beispiel zeigt recht deutlich, wie wichtig Anstöße von außen sind, um den Entschluss zu fassen, sich einen neuen Kulturkreis anzueignen.
Als ich mit dem Erlernen des Russischen anfing, hatte ich zunächst das Problem, dass die russischen Wörter wenig oder überhaupt keine Ähnlichkeit mit den Wörtern der mir bis dahin bekannten Sprachen hatten. Mein einziges Hilfsmittel waren zunächst einige tschechische Wörter, die ich mir im Kontakt zu tschechischen Bekannten angeeignet hatte. Um mir die schwierigen, russischen Vokabel letztendlich doch zu merken, beschloss ich, jedes russische Wort in seine Silben aufzuteilen. Die einzelnen Silben konnte ich dann mit deutschen oder englischen Wörtern in Verbindung bringen, wodurch es mir mit einigem Aufwand gelang, die russischen Vokabeln langfristig im Gedächtnis zu behalten.
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DIE SCHWIERIGKEIT DER SPRACHPFLEGE
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Gegenwärtig beherrsche ich die Fremdsprachen Schwedisch, Englisch, Französisch, Russisch und auf einem Anfängerniveau Rumänisch. Die Schwierigkeit beim Beherrschen mehrere Sprachen besteht in der Sprachpflege und im Mischen oder Verwechseln von Sprachen. Während eines Aufenthalts in Russland kam ich in Kontakt zu einem französischen Wirtschaftsstudenten. Ich versuchte mit ihm ausschließlich französisch zu sprechen, doch oft geschah es, dass ich ein russisches Wort statt dem französischen gebrauchte oder dass mir bestimmte Wörter in der spontanen Unterhaltung nicht einfielen. Um das Problem des Mischens und Vergessens von Sprache in den Griff zu bekommen, versuche ich, regelmäßig Textpassagen in den mir bekannten Sprachen zu wiederholen und auswendig zu lernen. Um beispielsweise mein Niveau im Russischen zu halten, versuche ich einen Aufsatz zur Geschichte der Altgläubigen, welcher in einer anspruchsvollen Wissenschaftssprache verfasst ist, auswendig zu lernen und die einzelnen Textbausteine täglich zu wiederholen.
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ÜBER DIE WICHTIGKEIT VON AUSLANDSAUFENTHALTEN
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Im Laufe meines Russischstudiums erkannte ich die Wichtigkeit von Auslandsaufenthalten für den Spracherwerb. Wenn man ständig von der Zielsprache umgeben ist, fällt es relativ leicht, jeden Tag einige neue Wörter dazuzulernen. Ein weiterer Vorteil ist, dass man im Land der Zielsprache umgangssprachliche Ausdrücke verstärkt mitbekommt. Während meinem Jahr in St. Petersburg konnte ich neben der Geläufigkeit im Russischen mein Wissen über die russische Umgangssprache erweitern. Im Gespräch mit Russen erfuhr ich, dass die sogenannten Mat-Schimpfwörter auf keinen Fall auf offener Sprache ausgesprochen werden dürfen. Darüber hinaus wurde mir vermittelt, welche umgangssprachlichen Wörter als grob gelten und welche Wörter problemlos in diversen Alltagsituationen verwendet werden können. Durch diesen Kontakt mit den Trägern der Zielsprache ist es möglich, die letzte Grenze zwischen der eigenen Person und der Fremdsprache bzw. der fremden Kultur zu überwinden. Denn wenn man eine Fremdsprache ausschließlich aus dem Lehrbuch lernt, dann beherrscht man in der Regel nur die Hochsprache, hat aber wenig Ahnung davon, wie die Menschen im Alltag kommunizieren und welche Formen der Umgangssprache existieren.
Mit Bezug auf Deutschlernende, welche im Rahmen des Studentenaustauschprogrammes „Campus Europae“ einen einjährigen Auslandsaufenthalt an der Universität Wien verbracht haben, schreibt Barbara Mayer, selbst lange Zeit Sprachlernberaterin an der Universität Wien: „Wenn ich auf meine Tätigkeit als Sprachlernberaterin blicke, bin ich jedes Mal erfüllt von Stolz, weil die Studierenden mit viel Elan wieder in ihre Heimatländer gefahren sind. Nicht nur, weil sie beim Heurigen deftig österreichisch gegessen haben, oder das Wiener Nachtleben erproben konnten: sie haben Referate gehalten, Prüfungen abgelegt, Kommilitonen kennen gelernt, und sich in einem ihnen vorher völlig unbekannten Netzwerk an Wegen und Gepflogenheiten zurechtgefunden. UND das in einer Sprache, die den Meisten zu Beginn ihres Aufenthalts völlig fremd war“ (Mayer 2009).
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LERNERFAHRUNGEN, DIE FÜR DEN SPRACHERWERB FÖRDERLICH ODER ABTRÄGLICH SIND
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Dabei scheint das Auswendiglernen von Gedichten, Textpassagen und ganzen Texten eine effektive Methode des Fremdsprachenerwerbs zu sein. Am Anfang des Spracherwerbsprozesses müssen die Vokabel, welche den Grundstock der Fremdsprache bilden, erlernt werden. Nach der Aneignung eines Grundwortschatzes kann man dazu übergehen, einfache Sätze auswendig zu lernen. Dabei wäre es sinnvoll, zunächst Sätze zu lernen, welche die eigene Person vorstellen. Dadurch kann man mit Trägern der Zielsprache gleich zu Beginn des Spracherwerbsprozesses leicht in Kontakt treten. Nachdem man gelernt hat, sich in der Fremdsprache vorzustellen, könnte man beginnen, Sprichwörter und Phraseologismen zu lernen. Oft enthalten Sprichwörter einen Reim, wodurch man sie sich leichter merkt. Nach dem Erlernen von einfachen Sätzen und Sprichwörtern kann man sich an die ersten einfachen Texte zu Alltagsthemen wie Rauchen in der Öffentlichkeit, Alkoholismus oder Sportgewohnheiten heranwagen. Nach der Auswahl eines passenden Textes sollte dieser in einzelne Absätze, deren Inhalt leicht erfasst werden kann, aufgegliedert werden. Zuerst werden die einzelnen Absätze gelernt und danach kann man versuchen, den Text als Ganzes auswendig zu lernen. Wenn der Text auswendig gelernt ist, sollte er von Zeit zu Zeit wiederholt werden, um die Wendungen und Vokabel des Textes zu verinnerlichen. Mit fortschreitendem Niveau der Sprachbeherrschung können die Texte, welche auswendig gelernt werden, schwieriger werden. Bei zum Beispiel einer guten Sprachbeherrschung in Russisch wäre es möglich, anspruchsvolle Literaturkritiken zu den Romanen von Dostojewskij auswendig zu lernen.
Bei Birkenbihl erfahren wir unter anderem über die Relevanz des Auswendiglernens bei Sprachen durch die Beschreibung ihrer vierstufigen „Birkenbihl-Methode“ zum Erlernen von
Fremdsprachen: „Wenn Sie sich mit einem bestimmten Text durch die ersten drei Lernschritte vorgetastet haben, dann können Sie den Text ja bereits (fast) auswendig“ (Birkenbihl 1992, 91).
Neben dem Auswendiglernen kann das konzentrierte Hören von Dialogen oder Erzählungen in der Zielsprache den Spracherwerb fördern. Der Hörtext in der Zielsprache sollte nicht zu lang sein, da man sonst mit dem Inhalt des Gesprochenen überfordert ist. Es ist sinnvoll, zu jedem Hörtext einige Fragen zu beantworten, welche sicherstellen, dass man die wesentlichen Aussagen des Gehörten erfasst hat. Wenn man einzelne Passagen aus dem Hörtext wiederholt anhört und nachspricht, können grobe Aussprachefehler leichter bewusst gemacht und ausgebessert werden.
Und Raasch ergänzt über die Funktion des Hörens beim Spracherwerb: „Das Hören ist aber auch eine eigene Fertigkeit, deren Bedeutung man immer klarer erkennt; in jedem Gespräch, in jeder Kommunikationssituation wechseln Hören und Sprechen miteinander ab, das Hörverstehen spielt eine zunehmend große Rolle durch die Massenmedien (Rundfunk, Fernsehen), das Hörverstehen ist für viele Situationen des Touristen elementare Voraussetzung für die nötige Orientierung, und vieles andere ließe sich darüber hinaus noch aufzählen“ (Raasch 1986, 42).
Ein weiterer positiver Faktor für den Spracherwerb sind Gespräche mit Muttersprachlern. Ich habe einen guten russischen Freund in St. Petersburg, mit dem ich mich regelmäßig unterhalte. Wenn ich im Russischen einen Aussprache- oder Grammatikfehler begehe, macht mich der Freund auf den Fehler aufmerksam und hilft mir so, mein Niveau im Russischen nachhaltig zu verbessern. Gleichzeitig kann ein Muttersprachler darauf hinweisen, welche Vokabel man in welchem Kontext verwenden muss und welche Ausdrücke in formellen Gesprächen mit beispielsweise Dienstgebern oder Amtspersonen zu verwenden sind.
Und Raasch präzisiert: „Sprache lernen, heißt ja: ein Mittel zur Kommunikation erwerben. Sprache lernt man daher am besten in der Kommunikation mit anderen, ja Sprache kann nur in der Gruppe erworben und praktiziert werden“ (Raasch 1986, 39).
Ein weiterer wesentlicher Faktor für einen raschen Erwerb der Zielsprache ist ein positives Bild vom Land der Zielsprache und das ganzheitliche Wecken von Interessen an der Kultur: Mich haben seit Kindesalter die Weiten der russischen Landschaft und die Schönheit der russischen Musik und Kunst begeistert, was ein bedeutender Antrieb für das Erlernen des Russischen war. Als ich das erste Mal nach Russland reiste, war ich vor allem von den mittelalterlichen Burganlagen in der Umgebung von Moskau fasziniert, was mich dazu bewegte, mich mit der russischen Geschichte zur Zeit von Iwan dem Schrecklichen auseinanderzusetzen. Dies gab mir weiteren Antrieb dafür, das Russische rasch und effizient zu erlernen.
Hinderlich für den Erwerb von Fremdsprachen kann es jedoch sein, wenn man allein der Grammatik zu viel Bedeutung beimisst. Wenn das Sprachelernen zu einem großen Teil aus Grammatikübungen besteht, kommt die Redekompetenz in der Regel zu kurz. Wenn ich zahlreiche Grammatikübungen mache, kann ich mir zwar bestimmte Denkmuster der Sprache einprägen, doch die tatsächliche Anwendung der Grammatik kann erst im freien Dialog, im Nacherzählen von Texten oder beim Auswendiglernen von Texten erfolgen.
Zum Erlernen von Grammatik schreibt Raasch: „…hier ist Grammatik nur ein Mittel, kein Ziel, und soll nur helfen, im Bedarfsfall das Verständnis zu sichern. Das Üben und Sprechen/Schreiben in der Sprache ist hierfür weitaus nützlicher als das Sprechen über Sprache, also das „Grammatik machen“ (Raasch 1986, 82).
Ein weiteres Hindernis für den Sprachenerwerb besteht, wenn der Lernende keine Vorstellung vom Land der Zielsprache hat. In diesem Falle ist es schwer, sich beim Erlernen der Sprache dadurch zu motivieren, dass man an positive Dinge, die man mit dem Land der Zielsprache verbindet, denkt. Wenn ich beispielsweise beim Russisch lernen keine Vorstellung von Russland habe und nichts über die einzigartige Natur und die interessanten Städte, die Russland zu bieten hat, weiß, dann wird meine Motivation zum Erlernen der Sprache sicherlich geringer sein, als wenn ich die Faszination von Russland stets im Hinterkopf behalte.
Problematisch könnte auch sein, dass ich beim Spracherwerb wenige Methoden verwende. Wenn ich eine Fremdsprache dadurch lernen möchte, dass ich Texte aus der Fremdsprache ins Deutsche und umgekehrt übersetze, dann werde ich beim aktiven Gebrauch der Fremdsprache rasch auf Grenzen stoßen. Deshalb ist es ratsam, sich für den Erwerb einer Fremdsprache einen Methodenmix zurechtzulegen. Um syntaktische Strukturen in der Fremdsprache zu verstehen, könnte man zunächst einige Übersetzungsübungen machen, danach sollte auf andere Methoden wie das auswendig lernen, lesen und schreiben von Texten in der Fremdsprache übergegangen werden.
Zur Abwechslung von Methoden im Fremdsprachenunterricht schreibt Mayer: „Aufgaben, die bleiben, sind: die Neugier der Lernenden wach zu halten, die Umgebung lernfreudig und abwechslungsreich zu gestalten oder individuelle Lernunterstützungen anzubieten, um den verschiedenen Persönlichkeiten Rechnung zu tragen“ (Mayer 2010).
Eine Blockade im Fremdsprachenunterricht kann des Weiteren entstehen, wenn man schlechte Erfahrungen mit Sprechern der Zielsprache gemacht hat. Bevor ich das erste Mal nach Russland reiste, hatte ich einige sehr nette russische Bekannte, welche ihren positiven Teil dazu beitrugen, dass ich mich für das Russischstudium entschied. Als ich das erste Mal nach Moskau reiste, war ich in Russland zunächst ziemlich schockiert, wie es oft bei der Begegnung mit anderen Kulturen vorkommt: Auf den Moskauer Straßen sah ich einige Schlägereien und vor allem bettelnde Menschen, welche von den vorbeigehenden Passanten weitgehend ignoriert wurden. Überdies sah ich unsympathisch anmutende, teuer gekleidete Frauen und Männer, welche durch Gesten der Gleichgültigkeit zu zeigen versuchten, wie egal ihnen die sie umgebenden Menschen sind. Diese negativen Eindrücke hemmten für eine gewisse Zeit auch meinen Ehrgeiz beim Erlernen des Russischen und ließen sogar die Frage aufkommen, ob ich mich für das richtige Studium entschieden hatte. Diese anfänglichen Zweifel vergingen nach einiger Zeit wieder, als ich bemerkte, dass viele Russen vor allem im privaten Umgang durchaus sehr freundlich und hilfsbereit sein können.
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LEHREN ZUR SPRACHDIDAKTIK FÜR LEHRER IM UNTERRICHT
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Im Sprachunterricht ist es wichtig, auf den Vorkenntnissen der Lernenden aufzubauen. Wenn im Russischunterricht Lernende mit slawischer Muttersprache anwesend sind, wäre es sinnvoll, die jeweilige slawische Sprache in den Unterricht einfließen zu lassen. Man könnte beispielsweise russische Begrüßungen mit den Begrüßungen in einer anderen slawischen Sprache vergleichen und dadurch einen Blick über die Grenzen des Russischen werfen.
Birkenbihl unterstreicht hier die Bedeutung der Sprachfamilien: „Wer die Sprachfamilie bereits kennt, weil er z. B. Französisch kann und jetzt Spanisch lernen will, wird sich ebenfalls leichter tun als jemand, der bisher nur skandinavische oder slawische Sprachen gehört hatte“ (Birkenbihl 1992, 78).
Von Bedeutung ist, das Land der Zielsprache durch Bilder in den Unterricht einzubringen. Gerne zeige ich im Russischunterricht Bilder von den Palästen in St. Petersburg oder von der Landschaft im ukrainischen Donaudelta. Diese visuellen Eindrücke wecken bei vielen Lernenden das Verlangen, zu den auf den Bildern gezeigten Orten zu reisen, was sie wiederum für den Spracherwerb motiviert.
Ein weiterer Aspekt ist das monologische Sprechen der Lernenden im Unterricht. Es sollte darauf geachtet werden, dass nicht nur die Lehrperson den Schülerinnen und Schülern die Zielsprache vorspricht, sondern dass die Lernenden zum Beispiel in Form von Kurzpräsentationen in der Zielsprache zu Wort kommen. Durch regelmäßiges Sprechen im Unterricht können zahlreiche Lernende im Land der Zielsprache leichter ihre Scheu vor dem Sprechen überwinden.
Zu den Problemen, welche der kommunikative Ansatz im Fremdsprachenunterricht Sprachlernenden eventuell bereiten kann, schreibt Agnieszka Brzezinska, Deutschlektorin an der Universität Wien: „Ich würde sagen, für die Studierenden, die eher aus ost-europäischen Ländern kommen, erweist sich immer wieder die Unterrichtsmethodik bei den Kursen, das Thema »kommunikative Wende«, als Problem. Der kommunikative Ansatz ist ja nicht mehr was Neues, dennoch kommen immer wieder Studierende und sagen: Ja, der Unterricht macht ihnen zwar Spaß, sie haben auch den Eindruck, sie hätten viel gelernt, aber es gibt dann irgendwann auch die Klage, wir hätten zu viel Landeskunde, wichtige Themenbereiche oder keine Grammatik durchgenommen – und das liegt einfach daran, dass sie in ihren Ländern keine Erfahrungen als Lernende mit einem kommunikativen Ansatz sammeln konnten“ (Brzezinska 2011).
Eine weitere Motivation für den Spracherwerb kann die Einbindung von Muttersprachlern in den Unterricht sein. Durch sie hören die Lernenden eine gute Aussprache und können darüber hinaus Informationen zum Land der Zielsprache aus erster Hand erfahren.
Neben den Muttersprachlern können Tandem-Partner eine wichtige Funktion im Spracherwerb übernehmen. Durch sie wird der Sprachlerner regelmäßig auf Fehler in der Zielsprache aufmerksam gemacht, muss jedoch den Tandem-Partner selbst wiederum auf dessen Fehler in der Muttersprache des Sprachlerners aufmerksam machen. Durch die Tatsache, dass beide Tandem-Partner die Position des Fremdsprachenlerners innehaben, kann möglicherweise verhindert werden, dass sich ein Fremdsprachenlernender für seine Fehler in der Zielsprache geniert und sich dadurch beim Sprechen der Zielsprache unwohl fühlt.
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GRAMMATIK – DIE HERAUSFORDERUNG IM SPRACHENUNTERRICHT
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In meinem Russischunterricht merke ich, wie schwer es Schülern ohne slawische Muttersprache fällt, sich das Russische anzueignen. Eines der Hauptprobleme liegt in der Beherrschung der russischen Grammatik. Für das mangelnde grammatikalische Verständnis der Lernenden sind vor allem die Tatsachen verantwortlich, dass die Schüler die deutsche Grammatik nicht einwandfrei beherrschen und dass in zahlreichen Schulen kein Latein mehr gelernt wird.
Durch den Lateinunterricht werden grammatikalische Strukturen vermittelt, welche in zahlreichen europäischen Sprachen zum Tragen kommen. Die deutsche Grammatik könnte durch das Lesen deutscher Literatur und das Schreiben von Aufsätzen, welche vom Lehrer korrigiert und rückgemeldet werden, in den Griff bekommen werden.
Schweizer macht im Zusammenhang mit Grammatik und Lateinunterricht auf diesen strukturellen Aspekt aufmerksam, wenn er schreibt, dass „Grammatik ist ein Gerüst der Linguisten“ sei, „das mit seinen Tabellen und Verblisten dem Beispiel der Grammatikalisierung des Lateinunterrichts augenscheinlich folgt“ (Schweizer 2010).
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DER EINSATZ VON FILMEN IM FREMDSPRACHENUNTERRICHT
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Filme sind eine Möglichkeit, einen ersten Kontakt zum Land der Zielsprache herzustellen. Wenn sich ein Russisch lernenden Mensch beispielsweise den Film „Piter FM“, welcher das Leben von Jugendlichen in St. Petersburg dokumentiert, ansieht, könnte er einen positiven ersten Eindruck von den malerischen Gassen und den im Film sehr freundlich dargestellten Bewohnern von St. Petersburg erhalten, was ihn wiederum dazu motiviert, sich intensiver mit dem Russischen auseinanderzusetzen.
Beim Einsatz des Mediums Film im Fremdsprachenunterricht sollte darauf geachtet werden, dass der Film bei Schlüsselszenen angehalten wird und dass Schlüsselszenen mehrmals bewusst angesehen werden. In diesem Falle können durch das Medium Film gute Redewendungen und neue Vokabel erlernt werden. Dieser Lernprozess kann unterstützt werden, indem die Lernenden nach dem Film Fragen, welche sich auf die Schlüsselszenen beziehen, beantworten oder transkribierte Dialoge, welche in Zusammenhang mit der Schlüsselszene stehen, lesen.
Zum Einsatz neuer Medien im Fremdsprachenunterricht merkt Mayer an: „Auch unter den Bedingungen neuer Medien ist Lernen ein individueller, mentaler Prozess, der innerhalb einer Person abläuft – unsichtbar, kaum zu steuern, nicht sicherzustellen“ (Mayer 2010).
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SCHLUSSWORT
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Im Hinblick auf eine didaktische Fragestellung ergeben sich einige Punkte, von denen die wichtigsten kurz skizziert werden sollen. Grundsätzlich ist es ratsam, möglichst viele Fremdsprachen zu erlernen, da jede neue Sprache einen bislang unbekannten Kulturkreis in Reichweite bringt. Bereits Grundkenntnisse in der Fremdsprache genügen, um in die neue Kultur einzutreten. Mit steigender Kompetenz in der Fremdsprache intensiviert sich der Bezug zur Kultur im Land der Zielsprache.
Im Hinblick auf die Frage, inwieweit das Auswendiglernen von Gedichten, Textpassagen und ganzen Texten den Spracherwerb beschleunigt, ist zu bedenken, dass das Auswendiglernen nur dann greift, wenn man sich in der Fremdsprache einen Basiswortschatz und grundlegende grammatikalische Regeln angeeignet hat.
Zur Frage, wie viel Zeit im Land der Zielsprache verbracht werden soll, ist zu bemerken, dass die Fremdsprache im Land der Zielsprache am leichtesten erlernt werden kann. Wenn ich beispielsweise in Russland bin und russische Texte auswendig lerne, dann werde ich mir das Gelernte leichter merken, da ich tagtäglich von der russischen Sprache umgeben bin.
Dabei sollte jedoch folgendes beachtet werden: Wenn ich in Russland vorwiegend Kontakt zu deutschsprachigen Personen habe und mich nicht aktiv um den Spracherwerb kümmere, werden auch im Land der Zielsprache beim Spracherwerb nur geringe Fortschritte erzielt werden können.
Für die Zeit im Land der Zielsprache gilt, dass positive Erfahrungen wie das kennen lernen netter Menschen oder das Vorfinden interessanter Plätze einen positiven Einfluss auf den Spracherwerb haben, wohingegen negative Erfahrungen den Spracherwerb zumindest kurzfristig bremsen oder beeinträchtigen können. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass man sich durch negative Erfahrungen nicht vom Spracherwerb abbringen lässt und dass man langfristig versucht, die positiven und schönen Dinge an dem Land, dessen Sprache man zu lernen begonnen hat, erkennt.
In Bezug auf den Einsatz von Filmen im Sprachunterricht sei zu bedenken, dass Filme nach den Kriterien Sprachqualität und Inhalt ausgewählt und durch konkrete Aufgabenstellungen bearbeitet werden sollen. Um sicher zu gehen, dass man den Film inhaltlich verstanden hat, kann eine kurze Inhaltsangabe verfasst werden.
Eine genaue Antwort auf die Frage, wie viel Grammatik im Sprachenunterricht sinnvoll ist, gibt es nicht, doch folgendes muss in Betracht gezogen werden: Es sollte so viel Grammatik erlernt werden, dass Texte verstanden werden und dass man sich in der Fremdsprache einigermaßen korrekt ausdrücken kann; jedoch sollten Grammatikübungen und das Achten auf die Verwendung korrekter Formen nicht einen Großteil des Spracherwerbsprozesses ausmachen.
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LITERATUR |
Monographien:
1) Vera BIRKENBIHL (1992): Die Birkenbihl-Methode, Fremdsprachen zu lernen. Augsburg: mvg-Verl.
2) Vasile DUMBRAVA (2004): Sprachkonflikt und Sprachbewusstsein in der Republik Moldova. Eine empirische Studie in gemischtethnischen Familien. Frankfurt am Main: Peter Lang-Verl.
3) Georg KREMNITZ (1979): Sprachen im Konflikt. Theorie und Praxis der katalanischen Soziolinguisten. Tübingen: Gunter Narr-Verl.
4) Georges LÜDI et al. (1994): Fremdsprachig im eigenen Land. Wenn Binnenwanderer in der Schweiz das Sprachgebiet wechseln und wie sie darüber reden. Basel: Helbing & Lichtenhahn-Verl.
5) Albert RAASCH (1986): Fremdsprachen lernen, aber wie? Eine Anleitung für Fremdsprachenlerner und Fremdspracheninteressierte. München: Max Hueber-Verl.
6) Claudia Maria RIEHL (2014): Sprachkontaktforschung. Eine Einführung. Tübingen: Narr Francke Attempto-Verl.
7) Ludwig WITTGENSTEIN (2003): Tractatus logico-philosophicus, Logisch-philosophische Abhandlung. Frankfurt am Main: Suhrkamp-Verl.
8) Klaus ZIMMERMANN (1992): Sprachkontakt, ethnische Identität und Identitätsbeschädigung. Aspekte der Assimilation der Otomi - Indianer an die hispanophone mexikanische Kultur. Frankfurt am Main: Vervuert-Verl.
Artikel:
1) Agnieszka BRZEZINSKA (2011): Interkulturelle Lernen im DAF-Unterricht: „Deutsch verbessern“, Wiener Schnitzel und Authentizität. Agnieszka Brzezinska im Gespräch mit Gerhard Wagner. http://didaktik-on.net/cgi-bin/didaktik.cgi?id=0000052a (14.2.2015)
2) Barbara MAYER (2009): Sprachlernberatur: Selbstorganisiert an der Uni Wien die deutsche Sprache lernen. Zwei Jahre Projektkooperation zwischen dem Institut für Germanistik, dem Institut für Bildungswissenschaft und Campus Europae. http://didaktik-on.net/cgi-bin/didaktik.cgi?id=0000040a (14.2.2015)
3) Barbara MAYER (2010): Sprachenlernberatung Online: Das Modellprojekt für die Campus Europae-Sprachlernplattform HookUp! Der nächste Schritt. http://didaktik-on.net/cgi-bin/didaktik.cgi?id=0000041a (13.2.2015)
4) Frank SCHWEIZER (2010): Wie die Ausnahme zur Regel wird. Kritische Anmerkungen zum Grammatikunterricht im Fremdsprachenunterricht. http://didaktik-on.net/cgi-bin/didaktik.cgi?id=0000044a (14.2.2015)
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ZUR PERSON |
Mag. Camillo Breiling studierte von 2007 bis 2014 Lehramt Mathematik und Russisch an der Universität Wien. Derzeit arbeitet er als Lehrer für Russisch und Mathematik an der BHAK Wien 13 und der HLTW Wien 13. Neben dem Unterricht in der Schule schreibt er an einer kulturwissenschaftlichen Dissertation am Institut für Slawistik.
Zahlreiche Auslandsaufenthalte, zuletzt 2009 bis 2010 an der staatlichen Universität St. Petersburg und 1997 Schulbesuch in Tokyo und 1994 bis 1997 in Lomma/Schweden haben bereits früh zu einer internationlen Sicht auf Leben und Lernen geführt.
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