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Der vorliegende Aufsatz befasst sich mit handlungs- und produktorientierten Methoden im Philosophieunterricht. Es wird gezeigt, dass diese sowohl aus lerntheoretischer Notwendigkeit heraus als auch in praktischer Hinsicht umgesetzt werden können.
Meine Arbeit ist wie folgt gegliedert:
»Handlungsorientierter Unterricht ist ein ganzheitlicher und schüleraktiver Unterricht, in dem die zwischen dem Lehrer/ der Lehrerin und den SchülerInnen vereinbarten Handlungsprodukte die Gestaltung des Unterrichtsprozesses leiten, so dass Kopf- und Handarbeit der SchülerInnen in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander gebracht werden können« (Jank und Meyer 2002: 354). Als Begründer dieser Unterrichtsform gelten der tschechische Philosoph, Theologe und Pädagoge Johann Amos Comenius mit seinem Konzept von einer Didaktik, die alle Sinne berücksichtigen soll; der französische Philosoph Jean-Jacques Rousseau mit seiner Vorstellung von einem ganzheitlichen Bildungsideal und der Schweizer Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi, der für einen Unterricht mit »Kopf, Herz und Hand« plädiert (vgl. Jank und Meyer 2002: 346). Die Pädagogische Psychologie hebt die motivationalen Vorteile der so genannten »Selbstbestimmung« im Unterricht sowie ihre Förderlichkeit für die Persönlichkeitsentwicklung hervor (vgl. z. B. Krapp 1993: 200ff). Somit gibt es aus lernpsychologischer Perspektive eine Reihe von Gründen, die für handlungs- und produktorientierten Unterricht sprechen. In der Deutschdidaktik stellen handlungs- und produktorientierte Methoden ein viel diskutiertes Thema dar: Es wurden diverse Konzepte für den Literatur- und den Sprachunterricht entwickelt. Die wichtigsten handlungs- und produktorientierten Verfahrensweisen des Literaturunterrichts sind
Für die Didaktik des Sprachunterrichts, die insbesondere die Sprachentwicklung im Blick hat, werden Argumente aus der Gehirnforschung aufgegriffen. Schreiben ─ die Handlung, die vorwiegend im Sprachunterricht vollzogen wird ─ ist demnach ein Prozess, der überwiegend von der linken Gehirnhälfte aktiviert wird. Da bei Kreativität die rechte Gehirnhälfte nötig wird, die Formulierung der Gedanken aber wieder durch die linke Hemisphäre vollzogen werden muss, entsteht eine Spannung, die häufig zu Schreibblockaden führt. Durch Beiträge zum kreativen Schreiben ─ also mittels Theorien zu handlungs- und produktorientierten Verfahren ─ ist die Schreibdidaktik hierfür bemüht, Lösungen zu finden (vgl. Spinner 1993: 19). Fassen wir nochmal die wichtigsten Eigenschaften handlungs- und produktorientierten Unterrichts in ergänzter Form zusammen (zu den vier wichtigsten Methoden vgl. hier 2.2):
Vergegenwärtigt man sich die zuletzt genannten Eigenschaften von handlungs- und produktorientiertem Unterricht, so ergeben sich für den Philosophieunterricht zwei wichtige Fragen:
Um eine Antwort auf diese Fragen geben zu können, muss zunächst eine Unterscheidung zwischen dem Unterrichtsprozess und der propositionalen Substanz des Unterrichts vorgenommen werden. Die Inhalte der Philosophie werden zwar nach wie vor weder »mit den eigenen Sinnen« noch »mit den Händen« greifbar sein, stellen jedoch nur eine höhere Reflexionsstufe des Unterrichtsprozesses dar. So plädiert der deutsche Philosoph und Didaktiker Ekkehard Martens für einen Philosophieunterricht, der von der lebensweltlichen Realität der Schüler bzw. von dem, was die Schüler selbst beschäftigt, ausgeht (vgl. Martens 1986: 95f.). Die in Kapitel 3 aufgezeigte Beispielsequenz versucht dem gerecht zu werden. Es wird von Einstiegssphasen mit Lebensweltbezug sowie von eigenaktiven Methoden, wo die Schülerinnen und Schüler in Selbstverwirklichung tätig sind, Gebrauch gemacht. Ausgehend von einer Sachanalyse wird eine Sequenz in einer klassischen Unterrichtsform entworfen und anschließend vier handlungs- und produktorientierten Varianten gegenübergestellt. In den vier Sequenzvarianten ist jeweils eine der vier wichtigsten handlungs- und produktorientierten Methoden repräsentiert:
Ich beginne mit dem Projektunterricht:
In den Verlaufsformen des Projektunterrichts wird angestrebt, das der »lebensweltlichen Realität« widerstrebende »auf viele Fächer verteilte [und praxisferne] Einzelwissen« zu überwinden und zu einer »ganzheitlichen Problemansicht« zu gelangen. Auch von der starren Rollenverteilung in konsequent Lernende und durchweg Lehrende, die »dem freudvollen Lernen entgegensteh[t]«, wird im Projektunterricht Abstand genommen (vgl. Vielhaber 2003: 58). Insgesamt ergeben sich vielfältige und in ihrer Wirksamkeit auf die Lernprogression nicht zu unterschätzende Möglichkeiten: von Projekten, die mit Hausaufgaben verbunden sind; bis hin zu fächerübergreifenden und interkulturellen Großprojekten. (1) Die Freiarbeit ist eine Form des Offenen Unterrichts, die u. a. auf Montessori zurückgeht (vgl. Klein-Landeck 2004 :5).
Die Durchführung von Freiarbeit in der Sekundarstufe II und insbesondere in Fächern wie Philosophie kann jedoch nicht in radikaler Form durchgeführt werden. Z. B. kann die in Kapitel 3 beschriebene Sequenz zur Einführung in die Logik nicht ohne hinreichende Vorstrukturierung erfolgen. Daher wird Freiarbeit im Fach Philosophie nur materialbezogen erfolgen können bzw. nur nach genü gender Materialvorbereitung durch den Lehrer. Beim Stationenlernen werden Unterrichtssequenzen in »mehrere in sich abgeschlossene und getrennt voneinander bearbeitbare Sinneinheiten« untergliedert und auf einzelne Arbeitsstationen verteilt. Hierbei variieren sowohl die Inhalte der einzelnen Stationen als auch der Schwierigkeitsgrad der gestellten Aufgaben in der Verschiedenheit der Komplexität des Anspruchsniveaus (vgl. Stübig 2004: 11). Das Stationenlernen wird somit der Forderung nach Binnendifferenzierung gerecht.
Der Überblick über die einzelnen Stationen wird durch einen Laufzettel gewährleistet, auf dem Pflichtstationen; wo die Aufgaben bearbeitet werden müssen, die von möglichst allen Schülern beherrscht werden sollen; sowie Wahl- und Vertiefungsstationen stehen. Sie werden in kleineren Gruppen oder in Partnerarbeit durchlaufen (vgl. Stübig 2004: 11f). Wie in Kapitel 3 aufgezeigt wird, kann durchaus auch im Philosophieunterricht mit Binnendifferenzierung durch Stationenlernen gearbeitet werden. Ein Gegenstand kann in verschiedenen Komplexitätsstufen und mit unterschiedlichen inhaltlichen Fassetten behandelt werden. Bei der Methode Lernen durch Lehren, die in den 80er Jahren für den Fremdsprachenunterricht entwickelt wurde, erschließen sich die Schülerinnen und Schüler den Lernstoff selbstständig und stellen diesen anschließend ihren Mitschülern vor (vgl. Martin und Kelchner 1998: 1). Im zweiten Schritt übernehmen sie somit die Rolle des Lehrers. Da die Qualität des gelehrten Stoffes stark von dem Wert der vorbereiteten Inhalte abhängt, müssen die Schülerinnen und Schüler auch ausreichend zur Vorbereitungsphase befähigt werden. Für die in Kapitel 3 vorgestellte Unterrichtssequenz bedeutet dies konkret, den jeweiligen Experten oder Expertengruppen genug Literaturhinweise zur Aussagen- und Prädikatenlogik zu geben.
Die folgende Sequenzplanung ist erst einmal für den in Kapitel 3.2 beschriebenen Standardunterricht vorgesehen und wird in 3.3 durch Umstrukturierung in handlungs- und produktorientierten Unterricht modifiziert:
Für die Standardsequenz und für die vier Sequenzvarianten wird folgende Sachanalyse vorausgesetzt: Zur Aussagenlogik: (vgl. Zoglauer 2005: 33ff)
Beispiele für einfache (positive) Aussagen:
Beispiele für negierte Aussagen:
Beispiele für doppelt negierte Aussagen:
Beispiele für mit dem Konjunktions-Junktor verbundene Aussagen:
Beispiele für mit dem Kontravalenz-Junktor verbundene Aussagen:
Beispiele für mit dem Disjunktions-Junktor verbundene Aussagen:
Beispiele für mit dem Implikations-Junktor verbundene Aussagen:
Beispiele für mit dem Äquivalenz-Junktor verbundene Aussagen:
Zur Prädikatenlogik: (vgl. Zoglauer 2005: 71ff und Aristoteles 1995) Zum Thema Prädikatenlogik ist mir wichtig, die Begriffe Begriff, Satz und Schluss zu klären. Hierfür halte ich den Organon von Aristoteles für repräsentativ. Im Folgenden stelle ich Textstellen aus Aristoteles' 1. Analytik und aus seiner Kategorienschrift zusammen: Zur Motivation Aristoteles', sich mit Logik zu beschäftigen, wähle ich den folgenden Textausschnitt aus Erste Analytik, 24a: »Zuerst müssen wir angeben, welchem Gegenstande die Untersuchung gilt und wessen Sache es ist, dass sie nämlich dem Beweise gilt und Sache der beweisenden Wissenschaft ist; dann müssen wir bestimmen, was ein Satz ist, was ein Begriff und was ein Schluss, [...] was es heißt, dass dieses in diesem als Ganzem ist oder nicht ist, und was wir damit meinen, wenn wir sagen, dass etwas von jedem oder von keinem ausgesagt wird.« Seine Motivation ist demnach darin begründet, dass die Logik für ihn kein »totes«, nutzloses Wissen darstellt, sondern vielmehr einem praktischen Zweck dient: nämlich dem Betreiben »der beweisenden Wissenschaft«. Im zweiten Teil des Textausschnittes geht es um Art- und Gattungsbegriffe. Ist »dieses in diesem als Ganzem [enthalten] oder nicht«, so liegt entweder das vollständige Enthaltensein einer Art in einer Gattung (z. B. Mensch in Säugetier) oder nur maximal eine Schnittmenge vor (z. B. die Schnittmenge Schlange in Landtier, da es auch Wasserschlangen gibt). Wird »etwas von jedem oder von keinem ausgesagt« gibt es entweder eine positive (Alle S sind P) oder negative Prädizierung (Kein S ist P). Zum Begriff Begriff wähle ich Teile aus Erste Analytik, 24b und Kategorienschrift, 2a.
»Begriff (lat. terminus) nenne ich die Bestandteile, in die ein Satz als in Prädikat(2) und Subjekt(3) der Prädizierung(4) sich auflöst. [...] Begriffe sind diejenigen Bestandteile, in die ein Satz nach der Analyse zerfällt. Aristoteles stellt zwei Arten von Begriffen auf: das Subjekt und das Prädikat. Letzteres wird vom ersteren prädiziert. Ein Begriff ist weder wahr noch falsch. Erst wenn mit ihm Sätze gebildet werden, entstehen Wahrheitswerte. Zum Begriff Satz wähle ich einen Ausschnitt aus Erste Analytik, 24a: »Ein Satz ist eine Rede, die etwas von etwas bejaht oder verneint. [...] So wird denn ein syllogistischer Satz (Vordersatz in einem Schluss) überhaupt die Bejahung oder Verneinung eines Dinges [...] sein.« Ein Satz ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Prädikat dem Subjekt entweder positiv (S ist P) oder negativ (S ist nicht P) zugeordnet wird. Der Satz stellt einen wesentlichen Bestandteil in Syllogismen dar. So wie die Sätze durch Analyse in Begriffe zerfallen, zerfällt der Schluss in Sätze. Zum Begriff Schluss stelle ich einen Teil aus Erste Analytik, 24b zusammen:
Hier gibt es drei sehr wichtige Begriffe: Gesetzte[s], Verschiedenes und notwendig. Das Gesetzte sind die Prämissen. Das Verschiedene ist der Schluss. Der Schluss ist deswegen verschieden, weil das, was entsteht, etwas »Anderes« ist als das, was gesetzt wird. [N]otwendig ist die Folge daher, da die Prämissen dies erfordern. Dies kann man z. B. an den folgenden Schlüssen erkennen:
Bei der Standardsequenz (vgl. Sequenzplanung hier 3.1) bauen die Phasen zur Aussagen- und zur Prädikatenlogik und die Übungsphase stundenweise aufeinander auf. Es handelt sich um eine sehr kompakte Sequenz, die in kürzester Zeit versucht, die wichtigsten Grundlagen der Logik zu vermitteln. Die Sozialformen sind hauptsächlich durch den Wechsel zwischen Frontalunterricht und Partnerarbeit bestimmt. Ersterer dient der Erläuterung von Sachverhalten im Plenum und letzter der Erarbeitung. Im Sommersemester 2007 hatte ich die Gelegenheit, diese Sequenz am Lise-Meitner Gymnasium in Falkensee (Brandenburg) im Rahmen meines Unterrichtspraktikums während des Studiums zu erproben. Es gab nur zwei Schülerinnen und Schüler, bei denen ich den Eindruck hatte, dass sie nicht mitgekommen sind. Der Anforderung zur Binnendifferenzierung konnte ich während der Erarbeitungsphasen durch gelegentliche Hilfestellung gerecht werden. Repräsentativ für diese Unterrichtseinheit möchte ich die Verlaufsplanung für die erste Stunde vorstellen: Die Verlaufsplanung:
Die Feinziele der Phasen:
Mein Mentor Herr U. und ich waren uns einig, dass sowohl die Grobziele als auch die Feinziele meiner Unterrichtseinheit erreicht wurden. Es hat sich für mich herausgestellt, dass Frontalunterricht keine grundsätzlich zu »verteufelnde« Sozialform ist, sofern sie in einem ausgewogenen Verhältnis zu anderen steht: in meinem Fall bei den Erarbeitungsphasen vorwiegend Partnerarbeit und in der dritten Stunde Gruppenarbeit.
Ziel der folgenden Varianten zur in 3.1 und 3.2 aufgezeigten Standardsequenz ist es, letztlich die gleichen Grobziele zu erreichen. Da die Feinziele an spezifische Phasen gebunden sind, werden diese variieren. Seit Mitte 2009 bin ich an einer Berliner Schule u. a. als Philosophielehrer tätig. Meine bisherigen Erfahrungen mit dieser Sequenz waren durchweg nur positiv. Die Kapitel 3.3.1 bis 3.3.4 stellen Sequenz-Beispiele zur Einführung in die Logik mit den Methoden »Projektunterricht«, »Freiarbeit«, »Stationenlernen« und »Lernen durch Lehren« vor (vgl. hier 2.2).
Um die gleichen Grobziele wie in der Standardsequenz (vgl. hier 3.1) erreichen zu können und dennoch ein möglichst hohes Maß an Selbstbestimmtheit und Handlungsorientierung zu erzielen, ist es notwendig, einen größeren Zeitraum zu nutzen. Hierfür bieten sich die an den meisten deutschen Schulen jährlich stattfindenden fünftägigen Projektwochen an. Zum Thema Einführung in die Logik stelle ich mir einen fächerübergreifenden Projektunterricht eines Philosophie- und eines Mathematik-Grundkurses vor. Da die Gesetze der Logik sowohl für die Mathematik (z. B. in der Algebra und in der informationstechnischen Mathematik) als auch für die Philosophie (z. B. die Logik in der Tiefenstruktur der menschlichen Sprache) gelten, drängt sich ein kooperatives Projekt der beiden Fachbereiche geradezu auf. Die Sequenzplanung könnte der folgenden groben Vorstrukturierung durch den Lehrer entsprechen:
Während der Projektwoche nimmt der Lehrer eine vorwiegend beratende Funktion ein. Die Vorstrukturierung der einzelnen Projekttage erfolgt durch Anfertigung von Arbeitsblättern. Für den 1. Tag sind keine Arbeitsblätter vorgesehen. Die Schülerinnen und Schüler des Mathematik- und des Philosophiekurses sind mit dem Thema des Workshops (Einführung in die Logik) vertraut und denken zunächst darüber nach, was an ihrem Fach mit Logik zu tun hat bzw. logisch ist. Es stehen ihnen diverse Medien wie Tafel und leere Wandplakate zur Verfügung, die sowohl für das Brainstorming als auch für die Weiterentwicklung von Gedanken genutzt werden können. Am Ende entstehen erste (intuitive) Ergebnisse. Feinziele: (auf ein erstes intuitives Verständnis bezogen), z. B.:
Am 2. Tag liegen ein Arbeitsblatt mit Beispielsätzen (s. Anhang), die in Absätzen zusammengefasst logische Gemeinsamkeiten aufweisen, und eine Auflistung der Wahrheitstafeln (s. ebd.) aus. Die Schülerinnen und Schüler müssen sich den Zusammenhang der Sätze und der Formelschreibweise selbst erarbeiten, wobei ihnen völlige Freiheit im Vorgehen gelassen wird. Da der Lehrer im Raum sitzt, können sich die Schülerinnen und Schüler jederzeit mit Fragen an diesen richten. Darüber hinaus haben die Projektteilnehmer die Möglichkeit, erste Planungen für die Ausstellungsobjekte vorzunehmen. Feinziele: z. B.:
Für den 3. Tag bereitet der Lehrer die Aristoteles-Texte (vgl. hier Sachanalyse in 3.2) und eine Auflistung der prädikatenlogischen Schlüsse vor (vgl. ebd.). Die Lernenden erarbeiten sich selbstständig den im Text beschriebenen Zusammenhang und bringen ihn mit den Schlüssen auf der Auflistung in Verbindung. Auch hier bietet sich die Möglichkeit, die Ausstellungsobjekte planend vorzubereiten. Feinziele: z. B.:
Der 4. und 5. Tag sind für die Erarbeitung der Ausstellungsobjekte und der Präsentation (evtl. durch Reden) gedacht. Die Schülerinnen und Schüler kennen den Zeitpunkt der Präsentation und nutzen die Zeit in Eigenverantwortung. Feinziele, z. B.:
Wie in Kapitel 2.2 aufgezeigt, kann die Freiarbeit im Philosophieunterricht nur nach hinreichender Vorstrukturierung durch den Lehrer erfolgen. Eine radikale Freiarbeit wie an Montessori-Grundschulen ist nicht möglich. Die Vorstrukturierung Der Lehrer fertigt Arbeits- und Übersichtsblätter wie die in 3.3.1 beschriebenen an und erstellt ein Literaturverzeichnis mit Werken, die die Sachverhalte für Lernende der Sekundarstufe II verständlich erläutern. Geeignet wären z. B. das Metzler Philosophie Lexikon und Thomas Zoglauers Einführung in die formale Logik für Philosophen. Die Schülerinnen und Schüler erhalten einen Zeitraum von einem Semester, in dem sie sich selbstständig mit Logik beschäftigen und am Ende Ergebnisse präsentieren sollen. Das genaue Vorgehen der Wissensaneignung sowie die Art der Präsentation (Forschungsergebnisse, Kunstprodukte etc.) bleibt ihnen überlassen. Feinziele u. a.:
Ein Stationenlernen zum Thema Einführung in die Logik, bei dem (möglichst) die gleichen Grobziele wie in 3.1 erzielt werden sollen, ist am besten in einer Doppelstunde möglich. Die Schülerinnen und Schüler müssen die Möglichkeit erhalten, aufeinander aufbauend die im Anforderungsniveau ansteigen den Pflicht-, Wahl- und Vertiefungsstationen durchlaufen zu können:
Feinziele:
Die Schülerinnen und Schüler besuchen als nächstes eine bis zwei Wahlstationen, in denen Übungsmaterialien zur Aussagenlogik ausliegen. Diese können z. B. folgendermaßen aussehen:
Feinziele:
Die Schülerinnen und Schüler, die beabsichtigen, Vertiefungsstationen zu besuchen, sollten aus Zeit gründen nicht mehr als eine Wahlstation besuchen. In den Vertiefungsstationen liegen der Aristoteles-Text und Übersichtsblätter mit prädikatenlogischen Schlüssen (vgl. hier Sachanalyse in 3.1) aus. Feinziele:
Da beim Stationenlernen eine stärkere Binnendifferenzierung als beim Standardunterricht (vgl. hier 3.2) und insgesamt – schon aufgrund der Stundenblock-Dauer – maximal zwei Stunden am Stück zur Verfügung stehen, kann es durchaus sein, dass einige Schüler nicht zur Prädikatenlogik kommen. Dem könnte, sofern der Lehrer dies für notwendig hält, mit einem weiteren Block bei gleicher Methode ausgeholfen werden.
Bei der Methode »Lernen durch Lehren« zum Thema Einführung in die Logik bietet es sich an, einzelne Experten oder Expertengruppen zu bilden, die sich entweder auf den Gegenstand Aussagen- oder Prädikatenlogik intensiv vorbereiten. Da die Prädikatenlogik Grundlagen aus der Aussagenlogik voraussetzt, sollte es sich bei dieser Expertengruppe oder diesen Experten um leistungsstärkere Schülerinnen und Schüler handeln. Wie bei der Methode »Freiarbeit« ist es auch hier notwendig, den Lernenden hinreichend Literaturhinweise zu geben – so zum Beispiel die Empfehlung des Metzler Philosophie Lexikon[s] und der Einführung in die formale Logik für Philosophen von Thomas Zoglauer. Eigene Literaturvorschläge der Schülerinnen und Schüler sollten möglichst mit dem Lehrer abgesprochen werden. Die Grobziele lauten wie folgt:
Die Feinziele bei den Stundenvorträgen müssen sowohl auf die »Lehrenden« als auch auf die Rezipienten bezogen werden: Feinziele in Bezug auf die »Lehrenden«:
Feinziele in Bezug auf die Rezipienten:
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, in praxisorientierter Form aufzuzeigen, dass handlungs- und produktorientierte Methoden im Philosophieunterricht eingesetzt werden können. In Kapitel 2 wurden die Schwierigkeiten dieser Lehr- und Lernmethode erläutert, sodass es zunächst danach aussah, als könnte sie keinen Platz im Fach Philosophie einnehmen. Insbesondere seine tendenziell kopflastigen und abstrakten Gegenstände sprachen dagegen.
Die Beispielsequenz in Kapitel 3; die sich auf didaktische, psychologische und erziehungswissenschaftliche Theorien stützte; diente als Gegenargument. Da es möglich war, wenigstens einen durchführbaren Entwurf handlungs- und produktorientierten Unterrichts zu entwickeln, können Allaussagen, die ihn für unmöglich halten, als widerlegt gelten. Abschließend sei zu bemerken, dass handlungs- und produktorientierte Methoden – so wie wahrscheinlich alle anderen auch – in wohldosierten Mengen eingesetzt werden sollten. Selbst der beste Ansatz kann seine Wirkung bei Überreizung verlieren.
(1) Hier denke ich z. B. an das dreijährige binationale Begegnungsprojekt Das Lied der Erde (2003-2005) zwischen dem Aleksander Fredro Lyzeum in Breslau und dem Gabriele-von-Bülow Gymnasium in Berlin, an dem die Fachbereiche Deutsch bzw. Polnisch (Literatur), Kunst (Malen und Zeichnen), Biologie (Forschung) und Sport (Tanz) beteiligt waren. Bei dem Projekt habe ich selbst durch Filmarbeiten und Organisationsaufgaben mitgewirkt. Siehe hierzu die Videodokumentation unter: http://de.youtube.com/watch?v=1xefIfcUky0 .
Aristoteles (1995): Erste Analytik. 1. Buch. In: Aristoteles: Philosophische Schriften 1. Hamburg: Meiner, S.1-91.
Christian Trautsch (geb. 1980) ist Gymnasiallehrer in der Studienratslaufbahn für die Fächer Deutsch, Informatik, Ethik und Philosophie sowie Doktorand und Hochschuldozent im Fachgebiet Semiotik an der Technischen Universität Berlin. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Didaktik der Philosophie, Bildrhetorik und -semiotik und Mimik (die Sprache des Gesichtes). Zusätzlich ist er noch als Filmemacher (Videodokumentationen und Imagefilme) und Medienpädagoge (Videoschnitt) tätig.
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