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Artikel aus 2001

Durch Lernen zur Selbstbestimmung
Einige Anstöße zum Thema Lernen lernen

GERHARD WAGNER


Lernen hat in unserer kulturell so ausdifferenzierten Gesellschaft einen sehr hohen Stellenwert. Dieser Artikel untersucht die Möglichkeiten des Lernens für uns alle.

Γηρα´σκω  'αει  πολλα  διδασκο´μενος!

Géraskô aéi / pólla didáskomenós! (Solon) (1)



Initial I
ndem wir leben, lernen wir: Wir sammeln von Beginn unseres Lebens an Erfahrungen, wir reihen neue ein ins Gefüge der bisherigen. Wir vergleichen unsere Erfahrungen mit denen anderer - und lernen dabei. Wir staunen und lernen. Wir stehen an, erkennen ein Defizit - und lernen. Wir wagen uns auf neues und fremdes Terrain; und wir lernen. Wir bewegen uns im sozialen Umfeld - und auch dabei lernen wir. Selbst im Alter endet das Lernen nicht und wird auch erforscht.(2) Und wenn wir lehren, lernen wir ebenfalls. (3)

Was wir lernen, ist ebenso vielfältig: Wir lernen Gefühle und bringen sie in Beziehung zu einer Person oder einer Situation. Wir lernen unseren Körper kennen und mit ihm umgehen und wir lernen, mit ihm erstaunliche Fertigkeiten zu entwickeln. Wir lernen, unsere (nähere oder weitere) Umgebung mit allen Sinnen zu erforschen, wir lernen Gefühle zu deuten und Situationen oder Stimmungen von anderen zu bewerten. Wir lernen, Erfahrungen und Wissen, eigenes und anderes in Beziehung zu setzen und neue Lösungen zu finden. Wir lernen Geräte zu benutzen, Chancen und Gefahren einzuschätzen und wir lernen, Verantwortung zu übernehmen.

Doch wie lernen wir zu lernen?

LERNEN ALS PHÄNOMEN DES LEBENS


Geht es nicht darum, die eigenen Ressourcen optimal zu nutzen, seinen Interessen folgen zu können und - in sozialer Verantwortung! - seinen Platz im Leben zu finden, an dem man sich einigermaßen wohl fühlen kann? Dabei ist es möglicherweise wichtig, frühzeitig Lebens- oder Handlungsziele auszumachen, sie für sich auszuformulieren und Methoden zu finden, möglichst effizient zu seinem Ziel zu gelangen. Natürlich werden wir bei der Umsetzung auch lernen, unsere ursprünglichen Ziele zu adaptieren und sie den Verhältnissen anzupassen. Die Planung sollte also, wie das Lernen, so flexibel sein, dass sie mit Veränderungen und Umbrüchen auch umgehen kann.

Lernen dient der Ökonomie und der Existenz: Es hilft uns nicht nur, schneller Fehler und Irrtümer zu vermeiden, mit denen sich andere vor uns lange aufgehalten haben, oder uns Hilfsmittel, Wissen und Rahmenbedingungen zu erarbeiten, sondern auch Gefahren zu erkennen und zu vermeiden. Wir profitieren natürlich nicht nur vom eigenen Erfahrungsschatz und dem anderer Individuen, sondern, vor allem in einer globalisierten und vernetzten Welt, von dem der gesamten tradierten Geschichte der Menschheit. Und doch müssen wir lernen, auch dieses tradierte Wissen individuell für uns selbst zu verarbeiten, in unserer Lebenswelt Erfahrungen damit zu machen - unsere eigenen Erfahrungen, um uns dieses Wissen auch wirklich zu eigen zu machen!
Und dabei werden wir ebenso unsere ganz banalen und ureigenen Erfahrungen sammeln, die durch unsere individuelle Lerngeschichte dann unsere Persönlichkeit gestalten. Lernend schaffen wir uns also ein komplexes System (unsere eigene virtuelle Welt) und versuchen, sie so gut es geht an die reale Welt anzupassen. Die Geschichte, Philosophie, Religion, Literatur oder Ethnologie beispielsweise zeigen uns, wie unterschiedlich und faszinierend solche Weltbilder sein können. Wo diese Anpassung an die reale Welt nicht gelingt, findet eine Herausforderung an unser Lernen statt. Dabei haben wir die Chance, unsere Hypothesen, Konstrukte und unser eigenes Weltbild - eine Art innere Landkarte (vgl. Schratz, 1999) - zu ergänzen oder sogar teilweise neu zu schreiben(4):

Konstrukte werden auch in der Wissenschaft entworfen: Virtuose, gut Konstruierte, Einfache, Kuriose, Komplizierte, Banale, Erstaunliche, Kühne, Ästhetische usw.: Dabei ist wohl nicht so sehr von Bedeutung, wie kunstvoll und stimmig dieses Konstrukt in sich selbst aufgebaut ist, sondern wie erfolgreich es ist, dem Lernenden ein Phänomen klarzumachen. Zwar ist es häufig notwendig, gleichsam als eine Art Lupeneffekt, die Konzentration auf einen ganz bestimmten Aspekt zu lenken. Doch ebenso notwendig ist es, all diese Konstrukte zurück in die unbewusst vorstrukturierten »inneren Landkarte« zu integrieren, also mit den Vorerfahrungen in Verbindung zu setzen, damit sie sich im (beruflichen) Alltag bewähren. Erst dies macht das Konstrukt für den Einzelnen bedeutsam, indem ihm ermöglicht wird, sich schneller und kompetenter zurecht zu finden. Paradoxerweise können sich-widersprechende Konstrukte und sogar scheinbar unlogische Bilder ebenso Impulse für unser Erkennen geben. Für die Lernumgebung heißt das, dass bedeutsam für Informationstransfer ist, wie die Konstrukte mit unserem Vorwissen und den Vorerfahrungen verknüpft werden können. Für Entwicklungsprozesse bedeutsam wird diese Information dann, wenn daraus Wissen bzw. Können entsteht.

Für eine reflektierte Auswahl der verschiedenen alternativen Lern-Möglichkeiten plädiert Bernhard Hackl (2001) und gibt Beispiele verschiedenartiger Theorien dieses scheinbar so selbstverständlichen Themas »Lernen«(5).

LERNEN UND GEFÜHLE


»Es gibt keine wissenschaftliche Entdeckung von Format, die nicht von Emotionen begleitet ist, es gibt keine echte Motivation ohne Emotion.« (6) Während Wagenschein (1989) damit für Lehrende ableitet, dass sie eigentlich nur für die sachliche Motivation des Fragens und des Lernens zu sorgen brauchen, interessiert uns hier auch, welchen Stellenwert Motivation für den selbstbestimmt Lernenden hat. Der Wiener Physiker Romano Rupp etwa fordert in diesem Zusammenhang, beim Lernen wieder die emotionale Seite, nämlich die Faszination des Experiments zu fördern, um damit einem Bedürfnis der Lernenden nachzukommen und frühzeitig die Lust an der Erkenntnis (in diesem Fall der Physik) zu fördern. (7)
»Fast immer steht ein Aha-Erlebnis am Anfang eines Lernprozesses, der aus einem durchschnittlich interessierten Menschen einen erfolgreichen Künstler oder Wissenschaftler hat werden lassen. [...] Lernen gelingt und wird zum Erfolg, wenn das Gefühl »JA« dazu sagt. Stellt sich der Erfolg des Lernens ein, wird das Gefühl in seinem JA weiter bestärkt; der Lernende lernt mit Lust. Der Lernprozess trägt sich von allein!« (8) Pohl (1998)
Auch Wagenschein beschreibt ähnliches, indem er neben Beunruhigung und Besorgnis eben auf die Freude, die sich im Gesicht des Kindes zeigt, hinweist, wenn dieses Zugang zu einem Problem gefunden hat. Damit wird ein fruchtbarer Moment für die produktive Auseinandersetzung signalisiert; sie vollzieht sich dann in ihren wechselnden Phasen des verschärften Beobachtens, Vergleichens, Vermutens und - wo die Sache dem Handeln zugänglich ist - des Wiederholens und planmäßigen Veränderns. (9)
Doch neben vielen positiven Faktoren können auch negative Emotionen unser Lernen beeinflussen. Denn die Neu-Gier, deren positive Auswirkungen wir gerade gesehen haben, kann auch stressig sein, wenn viele Eltern oder Lehrer sich durch diese Neugier der kleinen Nimmersatte »gelöchert« fühlen. Die Weichen für die spätere Neugier werden oft früh von anderen gestellt. Allfällige kleine oder große »Gewaltakte« aber auch Förderungen haben also Auswirkung auf die spätere Persönlichkeit. Deshalb ist es wichtig, die »Lust am Lernen« für sich (wieder) zu entdecken.(vgl. Perner, 1998) (10)
Eine Folge gewalttätiger Erfahrungen ist auch das Kleinmachen, das Verleugnen der eigenen Kompetenz: Weil man, klein gemacht, sich auch klein fühlt, wird den anderen mehr Macht als sich selbst zugemessen. Damit neigt man dann dazu, auch seine Lern- und Wissenskompetenz an andere abzugeben. Folglich sinkt die Selbstkompetenz erst recht, man fühlt sich abermals klein. Wichtig ist hier die Bereitschaft, wieder auf sich selbst zu achten und den anderen kritisch zu begegnen.
Im Sichzusammennehmen liegt einerseits die Lust der Konzentration, der gesunde Stress, der uns aktiviert und befriedigt, doch ebenso der ungesunde, der uns bedroht fühlen lässt - mit seinen körperlichen und seelischen Folgen, die bis zu einer Lähmung des logischen Denkens führen können. (11)
Diese Denkblockade (Blackout), ausgelöst durch das Gefühl der Angst und Bedrohung, kann man kurzfristig, sind die Reaktionen erst in Gang gesetzt, nicht verhindern. (12) Angst ist/bewirkt Anspannung: Durch Lockerungsübungen oder mentale Techniken kann man üben, diese Spannung zu lösen - ebenso durch den Akt des Lachens, wenn man sich selbst und andere nicht mehr so ernst nimmt und die Angst sich löst. Denn sehr wichtig ist die Erhöhung des Selbstwertgefühls und die Relativierung der (scheinbaren) Bedrohung von außen. Reflexion und Planung können diesen Akt unterstützen.
Planung hilft, sowohl Über- als auch Unterforderung zu verhindern: Mit dem Erfolg durch gezielter Planung steigt auch die Motivation und die positive Selbstbewertung. Ruth Mitschka (1983) formuliert es so: »Wo ein Ziel ist, ist auch ein Wille!« (13) Denn Erwartungen bestimmen die Motivation ganz wesentlich, ebenso wie die Einstellung (und zwar sowohl die eigene als auch die anderer) zu sich selbst: Negative Beurteilungen mindern die Leitung, positive verstärken sie.

Einen weiteren interessanten Aspekt zum Thema Lernen und Gefühle stellt die psychoanalytischen Pädagogik her, indem sie Beziehung zwischen Kind und Erwachsenem in den Mittelpunkt stellt: Dabei macht sie einen Schritt zurück in die Entwicklungsprozesse von Babys, um Grundsätze von Lerneinstellungen zu zeigen (vgl. Diem-Wille, 2001). (14)

DURCH LERNEN ZUR SELBSTBESTIMMUNG


Beziehung zu anderen: Lernen im Dialog

Gerade haben wir gesehen, wie wichtig die früheren Beziehungen für unser Lernen waren - mit ihren Bestärkungen und Dekonstruktionen, die wir dabei erhalten haben. Doch natürlich ist es ein Unterschied, ob wir in Abhängigkeit oder in Unabhängigkeit von einer Person lernen.
Sigmund Freud und seine Nachfolger haben uns in der Psychoanalyse gezeigt, wie sehr (seit der Kindheit geübte) Übertragungen und Gegenübertragungen unsere Beziehugen beeinflussen und wie viele Mechanismen wir dabei durchspielen, die uns gar nicht bewusst sind und die den Dialog stören können. In der Therapie werden diese (Gegen-)Übertragungen zwischen Klienten und Therapeuten dann für den Erkenntnisprozess genutzt. Die Psychoanlyse kennt aber auch noch eine ganz andere Form der Beziehung, nämlich das therapeutische Arbeitsbündnis: Hier geht es um die Zusammenarbeit der rationalen Ich-Anteile beider Persönlichkeiten. (15) Dieses gemeinsame Ringen um ein gemeinsames Ziel mit unterschiedlichen Standpunkten ist nicht nur in der Therapie hilfreich, es ist auch eine der Grundlagen der Wissenschaft, denken nur etwa an den sokratischen Dialog!
Wenn Mechanismen der Angst und der eigenen Rechtfertigung nicht mehr so wichtig sind, wenn der andere Mensch als Quelle des Erkennens und Begreifens verstanden wird, dann kann ein fruchtbarer Dialog zweier innerer Welten stattfinden, dann können die Ideen des einen ansteckend und befruchtend auf die des anderen wirken und umgekehrt. Lernen im Dialog wird dann zu einem befruchtendem Erlebnis. Leider treten im Dialog an Bildungsinstitutionen aber auch immer wieder Störungen auf, die diesen Prozess verhindern und stattdessen zur Abwertung des anderen führen.
Solche Mechanismen stören auch das Lernen in Gruppen. In konstruktiver Weise können jedoch Gruppen den einzelnen helfen, die Auseinandersetzung mit einem bestimmten Thema in gemeinsamen Diskussionen zu verbessern und vertiefen; sie ringen uns Klarheit in der Ausdrucksweise ab, wenn wir merken, dass die anderen uns nicht verstehen. Andere Meinungen können zum Überdenken der eigenen Position führen und liefern möglicherweise ein breites Spektrum an neuen Ideen. Sachliche Diskussionen fördern auch die Toleranz, weil wir lernen, dass andere aus guten Gründen ihre Meinung vertreten können, auch wenn diese nicht die unsere ist. Bei Diskussionen in Gruppen ist aber zu bedenken, dass der Einzelne bereit ist, dem Druck der Gruppe nachzugeben, auch wenn sie etwas nachweislich Falsches vertritt, wie Experimente gezeigt haben. Manche Gruppen neigen auch dazu, eine Intoleranz gegen andere außerhalb der Diskussionsgruppe zu entwickeln.
Lerngruppen sind gewöhnlich kleiner als Diskussionsgruppen. Die Zusammenarbeit beim Lernen wirkt der Vereinzelung beim Lernen entgegen, bietet die Möglichkeit der Motivationssteigerung, weil wir uns im Umkreis der Kolleginnen und Kollegen wohler fühlen und bietet leichteren Zugang zu Planung und Kontrolle des Lernstoffs. Eine Gruppe kann auch helfen, beim Wesentlichen zu bleiben, während ein einzelner sich leicht in bestimmte Probleme »verzettelt«.
Doch nicht nur der Einzelne, auch die Gruppe ist vor Ablenkungen nicht gefeit, wenn man sich etwa lieber über ein aktuelles Programm oder Pläne fürs Wochenende unterhält und das gemeinsame Lernen dabei auf der Strecke bleibt. Das Ergebnis wird auch gemindert, wenn die Erwartungen der Einzelnen ganz verschieden sind und man sich nicht einigen kann bzw. einzelne Teilnehmer die Gruppe dominieren. Zu beachten ist ebenfalls, dass nicht alle Tätigkeiten für Gruppen geeignet sind, dass z.B. die Kreativität bei Einzelarbeiten größer ist. Daher ist ein sinnvoller Wechsel zwischen Gruppen- und Einzelarbeit empfehlenswert.(vgl. Schräder-Naef, 2000) (16)

Planung und Zeiteinteilung

Planung und Zeitmanagement erfreuen sich großer Beliebtheit. Zum Jahreswechsel 2000/2001 gab es allein im deutschen Sprachraum ca. 5.000 Einträge zu diesem Thema im Internet, vier Jahre später bietet Google bereits ca 650.000 gefundene Einträge! In der Tat gibt es kaum Erwachsene, die sich nicht wenigstens gelegentlich über Zeitmangel beklagen. Wer oft bis spät in die Nacht arbeitet, und dennoch in ständiger Angst lebt, nicht genug zu schaffen, der sollte etwas tun: Nämlich seine Vorstellungen und seine Zeitressourcen in Einklang bringen. Experimente mit Studierenden haben erwiesen, dass diejenigen, die am meisten lernen, keineswegs die besten Noten haben, was darauf schließen lässt, dass viele leere Kilometer verfahren werden. (17)
Mit diesen Erkenntnissen kann man schließlich zu mehr Lebensqualität gelangen, weil dann auch Zeit für Ausgleich und Erholung da ist und die Leistung dabei nicht sinkt.
Ziel eines Zeitmanagements sollte daher sein, dass man schließlich selbst über die Zeit bestimmt und nicht von ihr bestimmt wird. Zeitplanung und Zeitmanagement kann sehr lang- aber auch sehr kurzfristig geplant werden (etwa Lebensplanung oder Planung der nächsten Stunde). In jedem Fall sollte der Regelkreis von Zielen, Planung, Entscheidung, Realisation und Kontrolle, die schließlich wieder auf die Ziele einwirkt, beachtet werden. (18)

5 Kreissegmente (im Uhrzeigersinn): Ziele, Planung, Entscheidung, Realisation, Kontrolle, ...
<-Grafik Regelkreis; Quelle: Ulrich Mathias Gross

Als eine erste Maßnahme kann man sich ja einmal - allein oder mit anderen - überlegen, wofür die Zeit unnütz verbraucht wird und mich hinderliche Gewohnheiten beeinträchtigen und Lösungsvorschläge erarbeiten. Ein nützlicher Schritt ist es dann, sich Zwischenziele zu stecken, wenn man sich seine Lebens- und Karriereplanung überlegt. Wichtig ist dabei, sich aufzuschreiben, was konkret erreicht werden soll. Als Voraussetzung dienen Fragen, was ich bereits dafür kann, welche Mittel und Möglichkeiten mir zur Verfügung stehen und in welchen Bereichen ich mein Wissen und Können noch ausbauen muss. Wichtig ist die konkrete Planung aller allfälligen Maßnahmen zur Erreichung meines Wunschziels. (19)

ein junger Wanderer erlangt durch eingeschlagene Teilziele schneller den Berggipfel als ein Älterer, der sich mühsam hochzieht
Grafik Teilziele (Quelle: Ulrich Matthias Gross)->

Nicht nur die beruflichen, sondern auch die privaten Ziele kann man in Angriff nehmen, indem man kurzfristige, mittelfristige und langfristige Ziele und Aktionsschritte zur Zielerreichung formuliert.
Zur Tagesplanung kann man 10 Minuten pro Tag aufwenden (ev. schon am Vorabend), wobei 1) die Aufgaben zusammengestellt werden sollen, 2) die Länge der Tätigkeiten geschätzt wird, 3) eine Pufferzeit für Unvorhergesehenes im Verhältnis 60:40 reserviert werden sollte; 4) trifft man dann Entscheidungen über Prioritäten, Kürzungen oder Delegationen und 5) ist die Nachkontrolle sehr wichtig, in der Unerledigtes übertragen wird und die Pläne mit der Realität verglichen werden - mit Auswirkungen auf den nächsten Plan. (20)
Eine Möglichkeit ist es auch, sich zunächst einmal alle Stationen des Tagesablaufs zu notieren, um so bereits eine Grundlage für die spätere Planung zu haben. Bereits bei der Analyse dieser Unterlagen können Schwachstellen ausgemacht und Verbesserungen überlegt werden. Auch eine emotionale Prüfung über die Zufriedenheit mit dem jeweiligen Ablauf kann angegangen werden. Zu empfehlen ist außerdem, Arbeits- und Freizeit zu trennen und jeder ihren Platz zuzuweisen. Auch Pausen können bereits vorgeplant werden. Die Erstellung eines detaillierten regelmäßigen Stundenplans kann helfen, Zeit zu ersparen, weil bestimmte Tätigkeiten zur Gewohnheit werden und die Gefahr einer Ablenkung sich dadurch verringert. Auch die Erholung hat so bereits ihren Platz. Bei der Planung sollten die sozialen Kontakte oder sportliche Aktivitäten nicht vergessen werden: Sie erfüllen eine wichtige Funktion für unsere Lernmotivation und Gesundheit.(21)

10 Tipps zur Zeitersparnis

1.  Ich selbst bin der größte Zeitdieb!
Man muss sich nur einmal und immer wieder selbst beobachten, um zu erfahren: Es sind nicht vorwiegend die anderen, die meine Zeit fressen. Meist ist man es selbst, der/die unorganisiert, unüberlegt bis chaotisch vorgeht.
2.  Ich nehme mir nicht zu viel vor
Wenn ich alles, was vor mir liegt und bewältigt werden muss, in Tagesportionen, sogar in Halbtagesportionen zerlege, wird das angstfreie Anfangen wesentlich leichter.
3.  Ich bereite mich vor!
Viele Menschen stürzen sich in ihren Arbeitsalltag wie mit einem Hechtsprung vom Zehnmeterbrett. Eine Faustregel besagt: Zehn Minuten Vorbereitung auf den Tag (egal, womit er ausgefüllt werden soll) können nicht weniger als zwei Stunden täglich einsparen.
4.  Ich setze Prioritäten!
Nicht jeder Tätigkeit kommt die gleiche Bedeutung zu. Es hilft, sich vor jeder Arbeit zu fragen, was wohl passiert, wenn ich sie nicht tue. Kommt als Antwort »Nichts« heraus, dann weg damit in den Planungs-Papierkorb.
5.  Das Wichtigste zuerst!
Ich nehme mir nicht nur das Wichtigste zuerst vor, sondern auch das Unangenehmste! Der Tag gewinnt viel mehr an Schwung, wenn das Unangenehme erst einmal hinter sich gebracht wurde, anstatt es vor sich herzuschieben.
6.  Ich schätze die Dauer richtig ein!
Die meisten Menschen können die Dauer von Tätigkeitsabläufen nicht richtig im Voraus abschätzen. Das trifft besonders auf Routinearbeiten zu. Wer aber schlecht vorausschätzen kann, kommt ins Schleudern - oder muss permanent Überstunden in Kauf nehmen. Aus Erfahrung zu lernen bedeutet also, im Zweifelsfall lieber eine gute Spanne Zeit dazuzurechnen. (60:40)
7.  Programmieren!
Ich konzentriere mich, bevor ich eine Tätigkeit beginne, auf den gesamten Ablauf, und lasse ihn vor meinem inneren Auge vorüberziehen. So kann ich die Aufgabe »wie im Traum« erledigen - das heißt, ohne verzögerndes Nachdenken und damit effizienter und schneller.
8.  Gleich anfangen!
Die vor mir liegende Aufgabe sofort anzupacken, verschafft mir nicht nur einen Zeitvorsprung, sondern verleiht mir auch Konzentration, die mir wiederum hilft, schnell zu erledigen, was getan werden soll. Denn wenn ich mich zuerst mit Nebensachen beschäftigen, kommen leicht auch die alltäglichen Ablenkungen auf mich zu, und ich beginne zu »schwimmen«.
9.  Ich bleibe am Ball!
Wenn es irgendwie geht, beschäftigen ich mich in einer gegebenen Zeit - das kann eine Stunde, es kann auch ein halber Tag sein - nur mit ein und demselben Gegenstand. Untersuchungen haben gezeigt, dass jeder Neuanfang Zeit und Kraft zur geistigen Umstellung kostet.
10.  Ich lerne, nein zu sagen!
Mitunter ist es notwendig, »nein«, wenn man die kostbare Lebenszeit ungerechtfertigt - sei es beruflich oder privat - in Anspruch nehmen will. Wer bisher allzu häufig das Problem der Zeitnot hatte, hat bestimmt zu oft »ja« gesagt: Ja zu einer Aufgabe, die gar nicht in meinen Bereich gehört. Zu Arbeiten, die man sich angewöhnt hat abzuwälzen...

Quelle: Claus Gaedemann (1998): Ich habe immer Zeit. München - Ariston

Mitschriften und Unterlagen

Mitschriften und Unterlagen können nicht nur als Wissensquellen genutzt werden, sie erfüllen auch eine wichtige Funktion beim Lernen, weil sie einerseits akustische und visuelle Reize verbinden, uns zum anderen aktiv werden lassen weil wir durch eigene Formulierungen dazu beitragen, die Integration ins eigene Wissenssystem voranzutreiben. Darüber hinaus können wir uns in den Mitschriften bereits Vorfragen überlegen oder Fragen über den notierten Inhalt aufschreiben, die wir dann später nachfragen oder nachschlagen.
Bei der Wiederholung des Geschriebenen können wir zudem den Text mit Randbemerkungen versehen, die den Inhalt gliedern. Diese Vorgangsweise hat den Vorteil, dass man anhand dieser Randbemerkungen auch den Text für sich selbst leichter abprüfen kann. Schließlich sollte auch noch Platz für eigene Ideen sein, und in einer Ecke sollte das Datum und die Seitennummer notiert werden, um sich leichter zurecht zu finden.


Mitarbeit und Mitschrift als Grundlage zum Erfolg
Grafik Mitschriften Literatur: Quelle: Wolfgang Pohl

Ich persönlich habe mit Erfolg eine Variante der Seiteneinteilung nach Schräder-Naef(22) angewandt: Ein weißes A4-Blatt habe ich zunächst der Länge nach (ca. 3cm) und dann der Breite nach (ca. 4 cm) gefalzt.
Im Hauptfeld steht dann der Text, in das obere Feld notiere ich meine Fragen und Überlegungen und in das rechte oder linke Feld die Randbemerkungen. In das überbleibende Kästchen passt dann die Lehrveranstaltungsbezeichnung, Datum und Seitenzahl(23), was die Ordnung bei der endgültigen Zusammenstellung der Mitschrift erleichtert, vor allem wenn in einer Mappe mehrere Mitschriften des Tages gesammelt werden. Beim Abprüfen kann ich dann nur noch das Feld mit den Randbemerkungen umlegen und das Ergebnis sofort überprüfen.


Bild von einem gefalzten Papier für die Mitschrift. Durch die Falzungen ergeben sich vier kleine Felder. Oben werden Fragen hingeschrieben. Ins kleine Feld rechts oben das Datum, ins rechte Feld werden Randbemerkungen geschrieben.
Grafik Papiergestaltung

Wodurch das Lernen sonst noch gefördert wird...

Das Lernen und Arbeiten wird erleichtert, wenn, so wie in der Zeiteinteilung, auch räumlich Arbeit und Freizeitbereich getrennt sind. Ablenkungen werden dadurch vermindert. Zudem kann man sich dann den Arbeitsbereich so einteilen, dass alle nötigen Utensilien (Papier, Nachschlagewerke, Terminkalender, Schreibstifte etc) bereitstehen. Eventuell ist auch am Schreibtisch Platz für einen PC (Laptop) und die notwendigen Zusatzgeräte (Drucker, Modem etc) zu schaffen, falls es keinen eigenen Computerarbeitsplatz gibt.
Helles und gut verteiltes Licht ohne scharfe Kontraste verbessert die Konzentration und schafft eine angenehme Arbeitsatmosphäre. Der Sitz sollte nicht zu bequem sein, aber eine gute Haltung unterstützen, die uns vor Verkrampfungen bewahrt.
Der Schreibtisch sollte regelmäßig gepflegt (= von unnötigen Materialien abgeräumt) werden, damit er weiterhin ein neutraler Ort der Konzentration bleiben kann.
Auch die Ernährung hat einen gewissen Einfluss auf unser Lernen. Ein ausgewogener Speisezettel dient auf jedem Fall der Gesundheit, vor allem wenn Gemüse, Salate, Obst, Milchprodukte und vor allem auch genügend Getränke wie etwa Mineralwasser, Tee oder Fruchtsäfte nicht fehlen.
Sowohl ein voller, als auch ein leerer Magen wirken sich negativ auf die Leistungsfähigkeit aus, weshalb es nicht zu empfehlen ist, das Frühstück ausfallen zu lassen. Auf jeden Fall sollte das Essen in Muße und einer ruhigen Umgebung eingenommen werden; fünf Mahlzeiten am Tag werden empfohlen.(24)
Vitamine, Mineralstoffe werden vom Körper gebraucht und können vor Krankheiten schützen! Tee enthält eine ganze Reihe von Vitaminen und Mineralstoffen und schmeckt obendrein sehr gut. Die Auswahl des richtigen Tees ist daher wichtig für Körper und Geist. Vor allem Wasser wird häufig unterschätzt: Es enthält zwar keine Vitamine, aber der Stoffwechsel ist auch wesentlich von Flüssigkeitszufuhr abhängig.
Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass der Körper so viel Schlaf bekommt, wie er braucht, dann steigt auch das Wohlbefinden beim Lernen und die Krankheitsanfälligkeit ist gering. Durchschnittlich schlafen Erwachsene ca. acht Stunden, aber es gibt große Schwankungen. Jeder merkt selbst meist in der Früh, ob Gereiztheit, Müdigkeit oder Frische auf zu wenig oder genug Schlaf deuten.
Eine ausführliche Übersicht über weitere Techniken und Strategien, die das Lernen fördern, gibt der Artikel von Ernst Bauer auf den Seiten dieses Hefts.
Durch Lernen zur Selbstbestimmung zu gelangen, ist das Ziel vieler Pädagogen. Nicht immer gelingt dies in allen Punkten, nicht einmal den Erwachsenen. Die Entscheidung trifft letztlich jeder für sich, ob oder welchen Techniken und Strategien er oder sie sich anvertraut. Doch wenn Lehrerinnen und Lehrer bestimmte Lernstrategien zur Förderung der eigenen Autonomie mit Erfolg anwenden, werden auch die Schüler sehr wahrscheinlich für ihre eigene Autonomie davon profitieren.

ANMERKUNGEN



  1. »Älter werd´ ich stets, lern´ dabei vieles für mich.«

  2. vgl. Leopold Rosenmayr (1998): Was Hänschen nicht lernt, kann ein alter Hans noch immer lernen. In: Perner/ Preschern: Ich will wissen. Lust und Lernen. Wien - Aaptos; S.181-201

  3. vgl. Didaktik 3/93: Tutorien: Beim Lernen lehren, beim Lehren lernen

  4. vgl: Michael Schratz (1999): Abenteuer Lernen. Annäherungen aus theoretischer Sicht. In: Lernende Schule. Für die Praxis pädagogischer Schulentwicklung. Heft 7. Seelze - Friedrich S.4-8; 4f

  5. Bernd Hackl: Was man bei der Beschäftigung mit Lernen lernen kann. In: DIDAKTIK 1/01 S. 16f

  6. Martin Wagenschein (1989, 8. Aufl.): Verstehen lernen. Weinheim/Basel - Beltz; S.87.

  7. zitiert nach: Roland Albert/Gerhard Wagner(1998): Zur Situation der Umweltbildung an den Universitäten. In: Umweltbildung an Schulen in Österreich. Wien - Forum Österreichischer Wissenschaftler für Umweltschutz (=Wissenschaft & Umwelt 4/ November 1998); S. 19-27; 26.

  8. Wolfgang Pohl (1998): Lernen, Aha-Erlebnis und Motivation (Internet: http://paedpsych.jk.uni-linz.ac.at/PAEDPSYCH/LERNEN/index.htm)

  9. vgl. Walter Köhnlein (1998): Einführende Bemerkungen zum Leben und Werk Martin Wagenscheins. In: Der Vorrang des Verstehens. Julius Klinkhardt-Verlag; S 9-17 (siehe auch: http://www.seilnacht.tuttlingen.com/Wagen.htm)

  10. Rotraud A. Perner(1998): Ich will es wissen! Die ultimative Lust. In: Rotraud A. Perner/ Elfriede Preschern: Ich will wissen. Lust und Lernen. Wien - Aaptos; S. 261-295; 281.

  11. Perner (1998): S. 283f.

  12. Ruth Mitschka (1983): So lernt man lernen. (K)ein Patentrezept. Wien - Leitner; S. 60

  13. Mitschka (1983): S.76

  14. Gertraud Diem-Wille (2001): Lernen Lernen: Verstehen der emotionalen Grundstruktur des Lernens In: DIDAKTIK 1/01 S. 12-15

  15. vgl. Harald Leupold-Löwenthal (1986): Handbuch der Psychoanalyse. Wien - Orac; S.274ff

  16. Regula Schräder-Naef (2000; 19.Aufl.): Rationeller Lernen lernen. Ratschläge und Übungen für alle Wissbegierigen. Weinheim, Basel - Beltz; S. 56ff

  17. Schräder-Naef (2000); S. 126f.

  18. Link: http://www.uni-bielefeld.de/~ugross/zm/zmreader/zmreader.html :
    Ulrich Matthias Gross u.a.(1999): Workshop Zeitmanagement. Zeitmanagement bedeutet Lebensqualität

  19. Gross (1999) node17.html

  20. Gross (1999) node25.html

  21. vgl. Schräder-Naef (2000); S. 147.

  22. vgl. Schräder-Naef (2000); S. 157.

  23. beginnend bei jedem neuen Termin jeweils wieder mit 1

  24. vgl. Schräder-Naef (2000); S. 92.


Als weiterer Internet-Tipp sei die umfangreiche Sammlung des Bundesgymnasiums und Bundesrealgymnasiums Villach - Peraustraße empfohlen: Viele interessante Links zum Thema lernen!
Adresse: http://www.peraugym.at/links/lernen.htm

 
ZUR PERSON


Mag. Gerhard Wagner ist seit 1993 Chefredakteur und Herausgeber des Bildungsmagazins DIDAKTIK sowie von DIDAKTIK-Online und verantwortlich für die inhaltliche Konzeption von didaktik-on.net.

Er hat an zahlreichen bildungswissenschaftlichen, didaktischen und sozialwissenschaftlichen Projekten, unter anderem als Projektleiter, mitgearbeitet.

Gerhard Wagner war in verschiedenen Kommissionen der Universität Wien Mitglied und später zunächst als Tutor, dann von 2004 bis 2009 als Studienassistent am Institut für die schulpraktische Ausbildung tätig (seit 2005 Teil des Instituts für Bildungswissenschaft an der Universität Wien). Bis 2011 ist er für die Universität Wien Projektmitarbeiter im von der EU geförderten Projekt »Hook up!«, an dem zehn europäische Universitäten eine Sprachlernplattform für Austauschstudierende erstellen.

Seit 2011 unterrichtet er, zunächst an einer AHS in Niederösterreich, jetzt in Wien, Deutsch, Deutsch als Zweitsprache sowie Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung.

Des weiteren ist Gerhard Wagner Mitarbeiter der integrativen Redaktion von Freak-Radio und Chefredakteur von Freak-Online. In beiden Redaktionen erarbeiten Menschen mit und ohne Behinderung Informationen über behinderte Menschen.
-> http://freak-online.at
-> https://www.facebook.com/gerhard.wagner1/about?section=bio


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DIE PSYCHOANLYSE KENNT EINE SPEZIELLE FORM DER BEZIEHUNG, NÄMLICH DAS THERAPEUTISCHE ARBEITSBÜNDNIS: HIER GEHT ES UM DIE ZUSAMMEN-ARBEIT DER RATIONALEN ICH-ANTEILE BEIDER PERSÖNLICHKEITEN. DIESES GEMEINSAME RINGEN UM EIN GEMEINSAMES ZIEL MIT UNTERSCHIED-LICHEN STAND-PUNKTEN IST NICHT NUR IN DER THERAPIE HILF-REICH, ES IST AUCH EINE DER GRUNDLAGEN DER WISSENSCHAFT, DENKEN NUR ETWA AN DEN SOKRATISCHEN DIALOG!
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